28.11.2014 Aufrufe

Inklusive Leidenschaft. Lesben, Schwule ... - Berlin.de

Inklusive Leidenschaft. Lesben, Schwule ... - Berlin.de

Inklusive Leidenschaft. Lesben, Schwule ... - Berlin.de

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

120<br />

Schöne schwule Welt<br />

mich in einem äußerst angeregten Gespräch mit einem sympathischen jungen<br />

Mann. Als dieser dann aufstand, um uns ein paar Drinks zu besorgen, sah ich,<br />

dass er aufgrund einer einseitigen Beinverkürzung erheblich hinkte. Sofort ging<br />

bei mir eine Klappe runter, und mein Interesse an ihm war mit einem Schlag verschwun<strong>de</strong>n.<br />

Ich erwähne das, weil ich <strong>de</strong>shalb gut verstehen kann, wie man(n)<br />

heute auf meine wesentlich auffälligere Behin<strong>de</strong>rung reagiert. Ich kann nieman<strong>de</strong>m<br />

böse sein, schließlich war ich selbst ganz genau so.<br />

Behin<strong>de</strong>rung als Chance: Persönlich konnte ich feststellen, dass ich durch<br />

meine Behin<strong>de</strong>rung mehr Ruhe und Gelassenheit gewonnen habe. Vorbei sind<br />

die Zeiten, da ich an je<strong>de</strong>m Wochenen<strong>de</strong> von Darkroom zu Darkroom und von<br />

Kneipe zu Kneipe wan<strong>de</strong>rte, um „Mr. Right“ zu begegnen. Die Zeiten sind notgedrungen<br />

vorbei, sicherlich. Trotz<strong>de</strong>m empfin<strong>de</strong> ich dabei eine Erleichterung.<br />

Hierbei darf nicht vergessen wer<strong>de</strong>n, dass ich meine „schöne schwule Welt“ vor<br />

<strong>de</strong>r Behin<strong>de</strong>rung vollends genossen und ausgekostet habe. Wer von Geburt an<br />

eine Behin<strong>de</strong>rung hat, wird dies sicherlich an<strong>de</strong>rs sehen. Ich habe mich umorientiert<br />

und auf an<strong>de</strong>re Werte als bisher fokussiert. Ich habe an<strong>de</strong>re Ressourcen<br />

an mir festgestellt (Feedback von außerhalb war hier hilfreich) und so ein stärkeres<br />

Selbstwertgefühl gewonnen. Ich möchte hier nicht vergessen, darauf zu verweisen,<br />

dass meine Religion für mich beson<strong>de</strong>rs im Falle <strong>de</strong>r Behin<strong>de</strong>rung eine<br />

große Ressource darstellt. Aber das Thema „Homosexualität und Religion“ ist ein<br />

weites Feld, das hier nicht beackert wer<strong>de</strong>n soll! Wenn man also Behin<strong>de</strong>rung als<br />

Chance sieht, wie wäre es also mit: „je<strong>de</strong>m seine Behin<strong>de</strong>rung, sein Handicap“?<br />

Die „schwule Szene“ sähe gewiss an<strong>de</strong>rs aus.<br />

Barrierefreiheit: <strong>Berlin</strong> ist in dieser Hinsicht meiner Meinung nach auf einem<br />

sehr guten Weg: abgesenkte Bordsteine, Rampen, Aufzüge. Auch die Hilfsbereitschaft<br />

ist enorm hoch. Obgleich diese nicht immer erwünscht ist, da es um<br />

einen größtmöglichen Erhalt <strong>de</strong>r Autonomie geht, tut das Wissen darum doch<br />

gut. Wie sieht es aber mit <strong>de</strong>r Barrierefreiheit in <strong>de</strong>r Szene aus? Toiletten im Keller,<br />

Stufen am Eingang, ganz zu schweigen von <strong>de</strong>n sicherlich nicht barrierefrei<br />

zugänglichen Darkrooms (hier ist es sicherlich auch ohne Rollator nicht möglich,<br />

nieman<strong>de</strong>n anzurempeln. Jetzt stelle man sich das Ganze mit einem Vorbau<br />

auf vier Rä<strong>de</strong>rn vor...). Aber ist <strong>de</strong>nn Barrierefreiheit in <strong>de</strong>r Szene überhaupt ein<br />

Ziel? Holt man sich damit nicht nur „die Behin<strong>de</strong>rten“ herein, die man aufgrund<br />

von Äußerlichkeiten, Berührungsängsten o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r eigenen Angst, irgendwann

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!