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Inklusive Leidenschaft. Lesben, Schwule ... - Berlin.de

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Schöne schwule Welt<br />

für gehörlose <strong>Schwule</strong>, für <strong>Schwule</strong> im Rollstuhl, innerhalb <strong>de</strong>r schwulen Welt, die<br />

speziell dieses Gmün<strong>de</strong>r-Produkt, für das ich arbeite, anzubieten hat?<br />

Ich habe gesagt, Magazine verkaufen sich über die Fantasien, die sie anzubieten<br />

haben. Das ist natürlich nur die halbe Wahrheit. Sie verkaufen sich auch über Geschichten<br />

und damit über das Leben und die Lebendigkeit, von <strong>de</strong>r sie erzählen.<br />

Während die Fantasie immer gleich bleibt – alle Heftcover ähneln sich irgendwie,<br />

– das ist die „Handschrift“ o<strong>de</strong>r die I<strong>de</strong>ntität eines Blattes, bleibt <strong>de</strong>r Inhalt <strong>de</strong>s<br />

Heftes weniger berechenbar. Das Cover zeigt I<strong>de</strong>ologie – bestenfalls reflektiert,<br />

also ironisch gebrochen – doch das Heft hat mehr als I<strong>de</strong>ologie zu bieten, das ist<br />

je<strong>de</strong>nfalls mein Anspruch.<br />

Im Fall von MÄNNER versuche ich das Problem <strong>de</strong>r Normierung also über eine<br />

Diskrepanz von Verpackung und Inhalt auszuhan<strong>de</strong>ln: Neben Ressorts, die an<br />

aktuellen Debatten (Politik) o<strong>de</strong>r an aktuelle Termine angebun<strong>de</strong>n sind (Kultur)<br />

haben wir ein Ressort kreiert – „Leben“ – in <strong>de</strong>m termin-ungebun<strong>de</strong>n Geschichten<br />

von Menschen erzählt wer<strong>de</strong>n, die zum Beispiel keine Stars sind.<br />

Das mag als fauler Kompromiss erscheinen, ist aber auch ein wirtschaftliches<br />

Risiko: Kun<strong>de</strong>n, die das Cover sehen, mögen vom Inhalt enttäuscht sein. Die<br />

Wi<strong>de</strong>rsprüchlichkeit <strong>de</strong>s Magazins ist aber auch eine Strategie das makellose<br />

Verkaufskonzept immer wie<strong>de</strong>r zu unterwan<strong>de</strong>rn, und das Heft – bestenfalls –<br />

in die Spannung eines produktiven Selbstwi<strong>de</strong>rspruchs zu bringen.<br />

Im Unterschied zur Bil<strong>de</strong>rmacht <strong>de</strong>s Gmün<strong>de</strong>r-Kosmos soll sich im Ressort „Leben“<br />

das Diverse <strong>de</strong>s Alltags zeigen, und in <strong>de</strong>r Tat war auch dieses Ressort <strong>de</strong>r<br />

Ort, wo wir eine Geschichte über <strong>de</strong>n schwulen <strong>de</strong>utschen Blin<strong>de</strong>nschachmeister<br />

Dieter Bischoff gebracht haben. (MÄNNER 06 / 09)<br />

Journalistisch habe ich überhaupt keine Zweifel, dass sich diese Geschichten<br />

nicht immer wie<strong>de</strong>r genauso vielfältig, interessant und lustig erzählen lassen<br />

wie an<strong>de</strong>re. Wichtig war es mir in diesem speziellen Fall, dass es keine Betroffenheits-<br />

und Mitleidsstory wird, son<strong>de</strong>rn von <strong>de</strong>r Behin<strong>de</strong>rung selbstverständlich<br />

und auch mit Witz miterzählt wird – als Teil eines schwulen Alltags.<br />

Eine solche strategische Spaltung (Playboy und Stern funktionieren nicht an<strong>de</strong>rs)<br />

wie ich sie jetzt für MÄNNER beschrieben habe, birgt allerdings auch das<br />

Risiko das „Bunte“ o<strong>de</strong>r „Nicht-Sexuelle“ an die Behin<strong>de</strong>rten zu <strong>de</strong>legieren und

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