Online-Journalismus - Netzwerk Recherche
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Marian Semm<br />
die kann 2012 schon überholt sein – wenn ich zum Beispiel lese, dass Blogger<br />
zuverlässiger Aktienkurse prognostizieren können als angestellte Analysten. Ich<br />
bin nicht gegen Paid Content, aber ich bin überzeugt, dass man – was direkt<br />
erwirtschaftete Beträge angeht – im großen und ganzen mit der Vermarktung der<br />
Reichweite auskommen muss. Damit steht <strong>Online</strong>-<strong>Journalismus</strong> in Konkurrenz zu<br />
allem, was Augäpfel anzieht. Auch zu Farmville [Farmville ist ein <strong>Online</strong>spiel in<br />
Facebook, T.M.] .<br />
Ich glaube aber auch, dass da die Regionalzeitungen noch nicht alle Register gezogen<br />
haben, weil sie sich heute ja entscheiden: Soll der Werbeeuro in die Zeitung<br />
gehen oder in das Netz? Ich bin überzeugt, dass sich etwas tun wird und dass wir<br />
in den nächsten Jahren Zeitungen kennen lernen werden, bei denen der <strong>Online</strong>-<br />
Werbeanteil bei 15 oder 20 Prozent liegt. Vielleicht stellen wir ja fest, dass der<br />
lokale Werbe-Euro online mehr wert ist als diese zehn Cent. Vielleicht stellt sich<br />
sogar eine „Bettelschranke“ als praktikabel heraus, die ab dem Aufruf des dritten<br />
Artikels um einen Beitrag bittet.<br />
Das Ipad, die E-Reader, Mobile Devices: Viel PR-Wind um nichts oder tatsächlich<br />
ein ökonomischer Hoffnungsträger für den <strong>Journalismus</strong> und ein Wegweiser für<br />
einen neuen, multimedialen <strong>Online</strong>-<strong>Journalismus</strong>?<br />
Meine Lieblingsapps auf dem Ipad heißen nicht „Welt“, „Spiegel“ oder „Frankfurter<br />
Rundschau“. Sondern Safari, Flipboard und NewsRack. Ich habe allen Apps eine<br />
reelle Chance gegeben, aber es funktioniert nicht. Ich weiß nicht genau warum; die<br />
Ipad-App der „Frankfurter Rundschau“ ist wirklich großartig, die „Spiegel“-App<br />
finde ich nicht schlecht, nur bei der Welt-App fand ich die Bedienung etwas wenig<br />
elegant. Vielleicht mag ich einfach nicht eingesperrt sein?<br />
Wir haben – schon ganz selbstverständlich – Google als ergänzendes <strong>Recherche</strong>-<br />
Werkzeug, wir haben die Sozialen <strong>Netzwerk</strong>e, die wir für <strong>Recherche</strong>n nutzen können;<br />
wir haben neuerdings Wikileaks; wir können unser Publikum mit dem Prozessjournalismus<br />
in unsere <strong>Recherche</strong>arbeit miteinbeziehen. Hat der <strong>Online</strong>-<strong>Journalismus</strong><br />
– wenn er konsequent ohne ökonomischen Druck im Hintergrund stattfinden<br />
kann — nicht eine glänzende Zukunft vor sich?<br />
Ökonomie beantwortet die Frage, wie knappe Ressourcen vorteilhaft eingesetzt<br />
werden. Die einzigen, die sich nicht dieser Frage unterwerfen müssen, werden von<br />
der GEZ finanziert oder von einem Verleger, dem seine Leser egal sind. Dem ökonomischen<br />
Druck sind nicht nur Freie ausgesetzt – jeder Chefredakteur hat sich<br />
dieser Frage für jede Redakteursstelle zu stellen. Je konsequenter er das tut, desto<br />
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