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Online-Journalismus - Netzwerk Recherche

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Interview<br />

Ehrlich gesagt, sehe ich diese Mängel nicht nur online. Grundsätzliche Regeln – wie<br />

das korrekte Zitat im Konjunktiv oder überhaupt die rechtzeitige Nennung der<br />

Quelle – werden häufig missachtet. Auch die korrekte Zeitenfolge bei Nachrichtentexten<br />

(Einstieg im Perfekt oder bei laufenden Ereignissen im Präsens), das<br />

Berichten des Vorherigen im Plusquamperfekt sollten Regeln sein, die jeder Journalist/jede<br />

Journalistin im Halbschlaf (also auch im Früh- oder Nachtdienst)<br />

beherrscht. Der Textfluss – die logische Verknüpfung der Sätze und Absätze –<br />

spielt gerade auch im <strong>Online</strong>-<strong>Journalismus</strong> eine große Rolle, weil möglichst ein<br />

Sog entstehen soll, der die LeserInnen am Text hält. Für handwerkliche Probleme<br />

gibt es viele weitere Beispiele. Wichtig ist daher, dass den KollegInnen genug Zeit<br />

gegeben wird, ihre Texte zu recherchieren und zu formulieren. Denn eine zitierbare<br />

Quelle muss eventuell erst herausgefunden und erneut befragt werden –<br />

zum Beispiel bei einer Pressemitteilung der Polizei zu einem Raubüberfall, in der<br />

auch (angebliche) Zeugenaussagen wiedergegeben werden. Ich finde diese Frage<br />

auch deshalb so wichtig, weil das Vorurteil weit verbreitet ist, online gehe es<br />

etwas lockerer zu als im Print oder auf dem Sender. Dass zum Beispiel in Teasern<br />

und Überschriften nicht die Quelle genannt sein muss, sondern erst nach dem<br />

Klick im Langtext. Jedes journalistische Produkt sollte sein Image ins Netz transferieren:<br />

Eine seriöse Zeitung sollte zum Beispiel ihre in Jahrzehnten, eventuell<br />

sogar Jahrhunderten aufgebaute Glaubwürdigkeit nicht im Internet verspielen,<br />

sondern dieses Renommee dort noch vertiefen – nach dem Motto: „Die wissen, was<br />

los war und schreiben es so auf, dass es verständlich und in jeder Hinsicht nachvollziehbar<br />

ist, also vertrauen wir ihnen und kommen wieder.“ Bestenfalls: „Wir<br />

wollen mal schauen, ob sie in der Zeitung noch mehr zuverlässige Infos haben.“<br />

Und noch besser: Die LeserInnen melden sich bei der Redaktion mit eigenen Hinweisen<br />

und Kommentaren, die Substanz haben. Zu gutem <strong>Online</strong>-<strong>Journalismus</strong><br />

gehört dann auch, dass die im Netz verfügbaren Quellen verlinkt werden, auch<br />

die Angebote der Konkurrenz oder Informationen anderer Institutionen, die im<br />

eigenen Text kritisiert werden.<br />

In Ihrem Buch „<strong>Online</strong>journalismus“ beschreiben Sie ausführlich, wie man im<br />

Internet als Journalist gute Texte schreiben kann und Sie reißen zumindest auch<br />

an, wie man im Internet als Journalist multimedial arbeiten kann. Aber ist es in<br />

den Praxis nicht so, dass aufgrund von Zeitdruck und Budgetzwang die meisten<br />

aufwändigeren und qualitativ sicherlich hochwertigen multimedialen Darstellungsweisen<br />

gar keine Anwendung finden können?<br />

Ja, es wäre gut und langfristig gedacht ökonomisch klug, wenn es mehr Investitionen<br />

– Zeit, Geld und Ausbildung – in die <strong>Online</strong>portale gäbe. Das fängt bei der<br />

Entwicklungen von einfach zu handhabenden Software-Tools an und findet sei-<br />

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