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Interview<br />

es immer wieder mal Anstrengungen, wie jetzt gerade im Umfeld der Wikileaks-<br />

Veröffentlichungen zum Thema Afghanistan und Irak einen plötzlichen Boom des<br />

Datenjournalismus, mit entsprechenden Blogs bei „Zeit“ und „taz“. Das ist<br />

lobenswert, wird aber vermutlich auch wieder schnell einschlafen.<br />

Welche journalistischen Impulse gehen nach Ihren Beobachtungen von deutschen<br />

Blogs aus; haben Blogs das Medienspektrum nun tatsächlich bereichert,<br />

gibt es Beispiele, die das belegen?<br />

Es gibt ein paar wirklich gute Blogs, die als Impulsgeber funktionieren könnten.<br />

Ich nenne mal ein etwas ungewöhnliches Beispiel: Der TV-Moderator Cherno Jobatey<br />

betreibt ein zu Unrecht kaum bekanntes Blog [www.jobateyjournal.de, T.M.],<br />

auf dem er sein Team jeden Morgen eine umfangreiche, exzellente Kommentarpresseschau<br />

zusammenstellen lässt. Das ist einfach ein „Abfallprodukt“ des Frühstücksfernsehens.<br />

Dabei sind, wie wir von den Perlentauchern wissen, Presseschauen<br />

doch eines der Dinge, für die das Internet wie gemacht ist! Ich ziehe<br />

meinen Hut vor Herrn Jobatey, dass er das erkannt hat, und dass er sowas einfach<br />

macht. Die „Welt“ hatte mit der „WeltLage“ bis vor kurzem auch einen sehr<br />

schönen Presseschau-Newsletter. Aber sie haben ihn nicht nur viel zu wenig<br />

beworben, sie haben darüber hinaus den Fehler wiederholt, den die „Zeit“ mit<br />

einem ganz ähnlichen Format vor zehn Jahren gemacht hat: Er ist hinter einer<br />

Paywall verschwunden und dort, vollkommen vorhersehbar, innerhalb weniger<br />

Wochen krepiert.<br />

Die spannendste Neugründung der letzten Zeit ist sicher Robin Meyer-Luchts<br />

Carta. Dort entsteht eine neue Form politischen <strong>Journalismus</strong>, und Robin und<br />

seine Truppe haben es endlich geschafft, internetbezogene Themen in einen weiteren<br />

medienpolitischen Rahmen einzubinden und somit die übliche Nabelschau<br />

der Szene zu überwinden.<br />

Aber die guten Impulse werden nicht wirklich angenommen und von finanzkräf tigen<br />

Partnern ausgebaut, wie man es sich wünschen würde. Im Gegenteil, man hat den<br />

Eindruck, dass die Betreiber qualitativ hochwertiger Ansätze von den großen<br />

Anbietern im Stich gelassen werden, nicht nur im Bereich der Blogs. Ein Beispiel,<br />

das ich besonders krass und unverständlich finde, ist Rivva. Dass es Frank Westphal<br />

bis heute – trotz klarer Bemühungen – nicht gelungen ist, diesen phantas -<br />

tischen Dienst bei einem großen, leistungsstarken Anbieter unterzubringen, zeigt<br />

einfach, wie gering die Spielräume für Innovationen in der deutschen Medienlandschaft<br />

de facto sind, und wie wenig Kompetenz und Urteilssicherheit letztlich<br />

vorhanden sind. Wer das Potenzial von einem Dienst wie Rivva nicht sieht, kann<br />

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