Online-Journalismus - Netzwerk Recherche
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die sie vieler Finanznöte entheben und<br />
mitsamt ihrer Bildstrecken über die<br />
236 besten Biere Bayerns quasi in den<br />
Rang eines besonders schützenswerten<br />
Kulturguts erheben würden. Das<br />
Internet gewinnt an Attraktivität, wenn<br />
die neuen Verkaufszahlen des gedruckten<br />
Mediums kommen, die nun schon<br />
seit Jahren für weite Teile der Branche<br />
nach unten gehen, wenn die Druckkosten<br />
steigen und die Abonnenten, so sie<br />
nicht wegsterben, die nächste Preiserhöhung<br />
mit einer Kündigung beantworten.<br />
Print ist schwierig geworden.<br />
<strong>Online</strong> ist schwierig. Und nun wechselt<br />
die Strategie der Entscheider zwischen<br />
den Bereichen, die kurzfristig weniger<br />
schwierig sind und mehr versprechen.<br />
Um bei Burda zu bleiben: Zuerst werden<br />
reihenweise recht wacklige Internet-<br />
Klitschen auf den Markt geworfen,<br />
dann doch lieber mal wieder ein paar<br />
Millionen mit der Fehlleistung des<br />
Magazins „Chatter“ verbrannt. Beispiel<br />
Springer: Zuerst druckte man einen<br />
mauen „Humanglobalen Zufall“ auf<br />
Papier gegen die Wand, heute lässt man<br />
Videokommentatoren bei Talk2Enemy<br />
(www.talk2enemy.de) aufeinander los,<br />
im großen, weiten Internet, wo genug<br />
Platz ist und es keiner mitbekommen<br />
muss, den berechnete Eklats aus Springers<br />
Ideenschmiede nicht interessieren.<br />
Beispiel Holtzbrinck: Erst kam<br />
„News Frankfurt“ als Tabloid und scheiterte,<br />
dann kam „Business News“ als<br />
Zeitung und scheiterte, dann ging Zoomer<br />
als brandneues Internet-Portal für<br />
junge Leute an den Start – und scheiterte<br />
Don Alphonso<br />
trotz Anbindung an das Holtzbrinck-<br />
<strong>Netzwerk</strong> StudiVZ, das seit der Übernahme<br />
auch etwas Glanz verloren hat.<br />
Bei solchen <strong>Online</strong>-Projekten wird mehr<br />
oder weniger stillschweigend vorausgesetzt,<br />
dass normale Mitarbeiter bereit<br />
sind, für die Eroberung der Zukunft<br />
Abstriche bei Bezahlung und Arbeitnehmerrechten<br />
hinzunehmen. Meist<br />
sind es junge Teams, denen es wenig<br />
ausmacht, nicht genau auf die Uhr zu<br />
schauen, und die auch mit bescheidenen<br />
Gehältern – wie von großen Verlagen<br />
berichtet wird – von erheblich<br />
unter 2.000 Euro im Monat am Anfang<br />
zufrieden sind. Sollte sich das Projekt<br />
gut entwickeln, können sie vielleicht<br />
mit mehr rechnen, und wenn nicht, mit<br />
einer schnellen Kündigung durch die<br />
extra für solche Zwecke konzernfern<br />
agierende Firma. Dass sie dieses Schicksal<br />
mit den Opfern der Kündigungswellen<br />
betroffenen Startups in Medienkonzernbesitz<br />
teilen, dass es eine generelle<br />
Art der Kaltschnäuzigkeit der<br />
Zukunftsprojekte gibt, egal, ob sie nun<br />
eine Community, eine Zeitung oder ein<br />
Bewertungsportal machen, wird die<br />
Nachwuchsjournalisten vermutlich<br />
kaum trösten. So wenig sich die Giganten<br />
der Verlagsbranche auf neue Wege<br />
im <strong>Online</strong>-<strong>Journalismus</strong> verstehen, so<br />
gut kennen sie sich bei der Kosten -<br />
effizienz aus.<br />
Die Alternative, die sich in Zeiten steigender<br />
Werbebudgets im Internet und<br />
weniger Möglichkeiten für ein gesichertes<br />
Auskommen anbietet, wäre der<br />
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