Online-Journalismus - Netzwerk Recherche
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Interview<br />
„Nutzerbeteiligung ist das A und O für den<br />
Qualitätsjournalismus“<br />
Beschreiben Sie doch mal den aktuellen Zustand des <strong>Online</strong>-<strong>Journalismus</strong> in<br />
Deutschland aus Ihrer Warte: Wie hat sich dieses Genre entwickelt, wohin könnte<br />
es gehen; welche vielleicht eklatanten Fehlentwicklungen sind Ihnen aufgefallen?<br />
Wenn ich „Guardian“ und die „New York Times“ als modellhafte Beispiele dessen,<br />
was <strong>Online</strong>-<strong>Journalismus</strong> leisten kann, betrachte, dann spielen die Deutschen<br />
nicht in der gleichen Liga. Sehr gut beobachten ließ sich das Qualitätsgefälle im<br />
Juli 2010 anhand der Warlogs-Dokumente, die diese Zeitungen und der „Spiegel“<br />
vorab bekamen. Vor allem der „Guardian“ hat die Dokumente zusätzlich zu herkömmlicher<br />
redaktioneller Berichterstattung gekonnt multimedial aufbereitet und<br />
es seinen Nutzern selbst überlassen, nach ihren eigenen Interessen punktuell tiefer<br />
in die Materie einzusteigen. Hier zeigt sich die Kompetenz, die sich der „Guardian“<br />
bei der Aufbereitung von Daten aufgebaut hat. Spiegel <strong>Online</strong> dagegen hat<br />
offenbar nur wenige kreative Energie in die Aufbereitung des Themas stecken können,<br />
und das sieht man dem Ergebnis auch an.<br />
Ein generelles Hauptärgernis bei Internet-Portalen von deutschen Medienhäusern<br />
ist die mangelnde Bereitschaft, nach außen zu verlinken. <strong>Online</strong>-<strong>Journalismus</strong> bietet<br />
durch das simple Mittel der Verlinkung auf andere Seiten – viel einfacher als<br />
Print, Radio oder TV – die Chance, weitere Perspektiven und Meinungspluralität<br />
zuzulassen und Transparenz zu erzeugen. Aber diese Chance wird leider noch<br />
immer vertan. Mehr als 15 Jahre nach Start des World Wide Web will man immer<br />
noch nicht verstehen, das „Netz“ mit „vernetzen“ zu tun hat. Von wenigen Ausnahmen<br />
abgesehen, ist <strong>Online</strong> noch immer nur ein Kanal zum Hineinkippen von<br />
linearen Texten, die für Print geschrieben wurden. Neuerdings immer häufiger<br />
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Ulrike Langer<br />
freie Journalistin und Bloggerin