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Online-Journalismus - Netzwerk Recherche

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Interview<br />

immer gleich um das große Ganze wie „Integration“ oder „politische Kultur“ gehen.<br />

Aber eine Anschubförderung für innovative journalistische Gründerprojekte fehlt.<br />

Welche Rolle spielt die Nutzerbeteiligung im <strong>Online</strong>-<strong>Journalismus</strong> jetzt und in<br />

Zukunft? Wie müssen sich Journalisten auf die Nutzerbeteiligung einstellen, wie<br />

müssen sie ihre Rolle umdefinieren? Wie kann der (<strong>Online</strong>-)<strong>Journalismus</strong> von der<br />

Nutzerbeteiligung profitieren?<br />

Nutzerbeteiligung ist das A und O, wenn Qualitätsjournalismus auch in Zeiten ausgedünnter<br />

Redaktionen eine Chance haben soll. Das bedeutet nicht, dass alle<br />

Redaktionen nun nach dem Vorbild der „Bild“ jeden, der auf einen Handykameraauslöser<br />

drücken kann, zum Leserreporter machen sollen. Nutzerbeteiligung soll<br />

nicht Voyeurismus, sondern Expertenwissen befördern. Jeder Mensch ist Experte<br />

auf irgendeinem Gebiet, und sei es für die Straße oder den Ortsteil, in dem er<br />

schon sein Leben lang wohnt. Der „Guardian“ hat im Sommer 2009 400.000 Dokumente<br />

zum Spesenskandal der britischen Unterhausabgeordneten ins Netz<br />

gestellt und die Bürger vor Ort um Überprüfung der Plausibilität der Daten gebeten.<br />

Mit riesigem Zuspruch. Die „Ruhr Nachrichten“ in Dortmund haben vor einem<br />

Jahr mit Nahraum.de ein sehr interessantes Portal gestartet. Auf diesem Fotoportal<br />

können Bürger historische Fotos hochladen. Mit 30.000 Fotos ist die Redaktion<br />

in Vorleistung gegangen, inzwischen ist der Bestand dank vieler Bilder vom<br />

letzten Schützenfest, aber auch seltener Amateuraufnahmen aus dem Zweiten<br />

Weltkrieg schon doppelt so hoch. Die Fotodatenbank ist nach vielen Kriterien<br />

durchsuchbar, und es sind darauf schon viele Themenanregungen für die Zeitung<br />

entstanden. Die Amateure bekommen kein Geld, der Verlag darf die Bilder kommerziell<br />

nutzen, und trotzdem machen viele Bürger gerne mit.<br />

Umgekehrt müssen Journalisten von ihrem hohen Ross herunterkommen. Die Zeiten,<br />

wo im Sinne einer Einbahnstraßenkommunikation Artikel „abgeworfen“ werden,<br />

sind im Netz vorbei. Im Idealfall ist ein Artikel kein fertiges Endprodukt, sondern<br />

Ausgangspunkt einer konstruktiven Debatte mit Nutzerbeteiligung, die wieder in<br />

neue Beiträge mündet. Das funktioniert aber nur, wenn Journalisten Moderieren,<br />

Debattieren und Kuratieren nicht als lästige Zusatzaufgabe, sondern elementaren<br />

Bestandteil ihrer Arbeit begreifen. Natürlich wird es immer Trüffelschweine<br />

geben, die man am besten investigativ recherchieren lässt und Edelfedern, die<br />

ihre Kolumnen nicht durchdiskutieren. Aber der Rest muss auch für die Nutzer<br />

zuständig sein. Dass eine große deutsche <strong>Online</strong>-Redaktion außerhalb normaler<br />

Geschäftszeiten – also gerade dann, wenn die Nutzer am meisten Zeit haben – die<br />

Kommentarfunktion abschaltet, das sollte es 2010 eigentlich nicht mehr geben.<br />

Wird die Arbeit als <strong>Online</strong>-Journalist nicht immer schwieriger etwa durch Ange-<br />

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