Online-Journalismus - Netzwerk Recherche
Online-Journalismus - Netzwerk Recherche
Online-Journalismus - Netzwerk Recherche
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Alexander von Streit<br />
Besteht nicht gerade im <strong>Online</strong>-Bereich mittlerweile die Gefahr, dass das Primat<br />
der Ökonomie den gut recherchierten <strong>Journalismus</strong> verdrängt?<br />
Diese Gefahr besteht für den gesamten Medienbereich. Wenn weniger Geld in die<br />
Redaktionen gesteckt wird, aber gleichzeitig die Anforderungen steigen, muss<br />
das auf Kosten der Qualität gehen. Alle Medienhäuser müssen sich darüber im<br />
Klaren sein, dass Qualitätsjournalismus ein Ticket für die Zukunft ist. Wenn sie<br />
schlau sind, verzahnen sie ihre Printredaktionen und <strong>Online</strong>-Angebote intelligent<br />
und nutzen die Synergien, um großartigen <strong>Journalismus</strong> auf allen Plattformen zu<br />
bieten. Sehen sie das Netz nur als Wurmfortsatz für das Printgeschäft, wird es<br />
problematisch. Doch auch wenn vielerorts gespart wird, muss das nicht bedeuten,<br />
dass wir künftig keinen gut recherchierten <strong>Journalismus</strong> mehr haben werden.<br />
Nicht zuletzt der neue Medienmix im Netz bringt interessante <strong>Journalismus</strong>projekte<br />
zu Tage, die zeigen, dass sich zumindest bei kleineren Projekten durch neue<br />
Finanzierungsformen wie zum Beispiel spendenfinanzierte <strong>Recherche</strong>n die Qualität<br />
des <strong>Journalismus</strong> sichern lässt. Vorausgesetzt, die Spender können keinen<br />
Einfluss auf die Berichterstattung nehmen.<br />
Welche Rolle spielt die Nutzerbeteiligung im <strong>Online</strong>-<strong>Journalismus</strong> jetzt und in<br />
Zukunft? Wie müssen sich Journalisten auf die Nutzerbeteiligung einstellen, wie<br />
müssen sie ihre Rolle umdefinieren? Wie kann der (<strong>Online</strong>-)<strong>Journalismus</strong> von der<br />
Nutzerbeteiligung profitieren?<br />
Die Nutzerbeteiligung ist einer der großen Paradigmenwechsel, mit denen sich<br />
der <strong>Journalismus</strong> auseinandersetzen muss. Das alte Modell der publizistischen<br />
Einbahnstraße, in der die Medien Informationen verarbeiten und den Leser damit<br />
ohne Rückkanal beliefern, ist Vergangenheit. Das Zusammenspiel von Lesern und<br />
Journalisten wird die Arbeitsweisen und Darstellungsformen des zukünftigen <strong>Journalismus</strong><br />
bestimmen. Die bisher zum Konsum verdammten Mediennutzer können<br />
die Arbeit von Journalisten nun ergänzen, erweitern und korrigieren. Das allerdings<br />
erfordert ein neues Selbstverständnis der Medienschaffenden. Wenn unser<br />
Berufsstand das gelernt hat und produktiv umsetzt, wird die Sache spannend.<br />
Wird die Arbeit als <strong>Online</strong>-Journalist nicht immer schwieriger etwa durch Angebote<br />
wie Wikileaks, die sozialen <strong>Netzwerk</strong>e, die wachsende PR-Industrie ...?<br />
Im Gegenteil, die Arbeit wird spannender – und gerade die Informationsflut im<br />
Netz bietet ganz neue Möglichkeiten der journalistischen Arbeit. Denn Angebote<br />
wie zum Beispiel Wikileaks sind nicht Konkurrenz für die Medien, sondern der<br />
Ausgangspunkt für neue Geschichten. Nie zuvor standen solche Mengen an Infor-<br />
79