Online-Journalismus - Netzwerk Recherche
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werden. Mit Twitter, Google News und<br />
Facebook haben sich neue Verteilungsstrukturen<br />
etabliert, die alle<br />
Inhalteanbieter vor neue Herausforderungen<br />
stellen. Gerade Facebook hat<br />
mit dem „I like“-Knopf in den letzten<br />
Monaten enorm an Bedeutung gewonnen.<br />
All diesen Diensten ist gemein,<br />
dass sie auf Medienmarken und vertikale<br />
Portale keinerlei Rücksicht nehmen<br />
und den einzelnen Beitrag herausstellen.<br />
Während Google noch relativ leicht<br />
über technische Optimierung erreicht<br />
werden kann, verlangen Twitter und<br />
Facebook zusätzliches Engagement<br />
der Redaktionen, damit Autoren und<br />
Texte in diesen sozialen Diensten überhaupt<br />
erst präsent sind. Dabei ist Twitter<br />
noch relativ leicht zu bedienen und<br />
mit Kurzinformationen zu beschicken.<br />
Komplex wird es aber bei Facebook, wo<br />
Autoren bald gehalten sein könnten,<br />
sich mit ihren Lesern zu befreunden<br />
und somit die dort verweilenden Nutzer<br />
anzuregen, sich doch bitteschön<br />
mit ihren Texten anstelle der Statusmeldungen<br />
anderer Leute auseinander<br />
zu setzen.<br />
Es gibt fraglos schönere Zukunftsvisionen<br />
für den <strong>Journalismus</strong> im Internet, mit<br />
starken Medienmarken und Lesern, die<br />
das zu schätzen wissen und bereit sind,<br />
deshalb auf Werbeblocker zu verzichten,<br />
wenn sie ellenlange Bild strecken durch-<br />
Don Alphonso<br />
klicken. Nach den bisherigen Erfahrungen<br />
sind derartige Hoffnungen jedoch<br />
sehr optimistisch. Stattdessen droht<br />
den im Internet Schreibenden eine stetige<br />
Entwicklung neuer Dienste und<br />
Möglichkeiten, denen man sich immer<br />
wieder anpassen muss, um im Ge -<br />
spräch zu bleiben.<br />
Der Paradigmenwechsel, der sich hier<br />
andeutet, schafft den stationären Sender<br />
ab, zu dem es früher keine Alternative<br />
gab. Medienmarken, Journalisten<br />
und Blogger werden sich in der unangenehmen<br />
Situation befinden, den im<br />
Netz verstreuten Nutzern nachzukriechen<br />
und ihnen ihre Sichtweisen und<br />
Diskurse zu offerieren, bevor es ein<br />
anderer tut, der weniger Dünkel, aber<br />
mehr Willen zum Überleben in einer<br />
Epoche hat, da das Printgeschäft nicht<br />
mal mehr zur Subventionierung verlustreicher<br />
<strong>Online</strong>-Aktivitäten taugt.<br />
Bis zu diesem Tag mag es noch etwas<br />
dauern, und nicht jeder wird sich vor<br />
der Pensionierung umstellen müssen.<br />
Der Rest kann es natürlich auch ignorieren<br />
– meines Erachtens sind der Bau<br />
oder das Bäckerhandwerk mit besten<br />
Gründen gesellschaftlich eher akzeptierte<br />
Beschäftigungen als der Versuch,<br />
Buchstaben unklarer Intention und<br />
fragwürdiger Werbefinanzierung über<br />
ein Internet übervoll mit anderen Buchstaben<br />
zu vertreiben.<br />
Zur Person:Rainer Meyer alias Don Alphonso, Autor, Blogger, Journalist lebt in Ingolstadt und Gmund am<br />
Tegernsee. Neben seinen Blogs Rebellen ohne Markt (http://rebellmarkt.blogger.de) und Blogbar<br />
(www.blogbar.de) betreibt er seit Anfang 2009 bei FAZ.NET mit Stützen der Gesellschaft (http://faz-community.faz.net/<br />
blogs/stuetzen) eines der erfolgreichsten deutschen Blogs auf einer journalistischen Website.<br />
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