05.11.2012 Aufrufe

Online-Journalismus - Netzwerk Recherche

Online-Journalismus - Netzwerk Recherche

Online-Journalismus - Netzwerk Recherche

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Journalistische Glaubwürdigkeit durch Klarnamen bei der Kommentarfunktion<br />

Frage diskutiert. Ganz abgesehen von<br />

grundlegenden Haftungsfragen, die<br />

sich bei der Vorabkontrolle stellen,<br />

kamen wir zu dem Schluss, dass es<br />

nicht dem Wesen von Internet-Dialogen<br />

entspricht, Kommentare zu prüfen,<br />

bevor sie online zu lesen sind. Dies ist<br />

ein ganz wesentlicher Unterschied<br />

zwischen dem Internet und der ge druckten<br />

Zeitung: Zeitungsjournalismus ist<br />

das Ergebnis einer Publikation. <strong>Online</strong>-<br />

<strong>Journalismus</strong> dagegen entsteht aus<br />

dem Zusammenspiel von Publikation<br />

und Konversation. Wenn Minuten oder<br />

(nachts!) Stunden vergehen, bevor ein<br />

Meinungsbeitrag zu lesen ist, wird<br />

Kommunikation abgewürgt.<br />

Unabhängig davon haben wir uns auf<br />

badische-zeitung.de dafür entschieden,<br />

einen gravierenden Konfliktherd<br />

ganz grundsätzlich zu beseitigen: Diskussionen<br />

zu Polizeimeldungen, bei<br />

denen es um Jugendgewalt, tragische<br />

Unfälle oder Kriminalität von Menschen<br />

mit Migrationshintergrund geht. Auf<br />

badische-zeitung.de gilt die Regel:<br />

Polizeimeldungen können grundsätzlich<br />

nicht kommentiert werden – die<br />

Kommentarfunktion wird bei diesen<br />

Beiträgen automatisch im Content<br />

Management System gesperrt. Wir<br />

haben die Erfahrung gemacht, dass<br />

Diskussionen zu Polizeimeldungen in<br />

den seltensten Fällen neue Erkenntnisse<br />

oder geistreiche Argumente liefern. Sie<br />

verlaufen stattdessen fast immer hasserfüllt,<br />

klischeebeladen und pietätlos.<br />

116<br />

Manchmal führen übrigens auch ganz<br />

unkonventionelle Maßnahmen zum<br />

Ziel: So haben sich die Nutzer des amerikanischen<br />

Politikblogs Daily Kos<br />

einen besonderen Trick ausgedacht,<br />

um Trolle (Personen, welche Kommunikation<br />

beispielsweise durch provokante<br />

Äußerungen stören) zu vertreiben:<br />

Anstatt auf die Provokationen von<br />

Web-Wichtigtuern einzugehen, unterbrechen<br />

die Nutzer die Debatten einfach<br />

und veröffentlichen Kochrezepte<br />

in der Kommentarspalte, um die Trolle<br />

auf diese Weise mit Ignoranz zu strafen<br />

und zu vertreiben. Weil Daily Kos notorisch<br />

viele Trolle anzieht, haben die<br />

Betreiber der Seite zwischenzeitlich die<br />

besten Kochrezepte gebündelt und<br />

in einem 144-seitigen Kochbuch veröffentlicht.<br />

Von herausragender Bedeutung beim<br />

erfolgreichen <strong>Online</strong>-Dialog mit den Nutzern<br />

ist der „Faktor Mensch“, also die Art<br />

und Weise, wie die Redaktion mit ihren<br />

Nutzern kommuniziert. Caterina Fake,<br />

die Gründerin der Internet-Fotocommunity<br />

Flickr, hat dies einmal sehr anschaulich<br />

beschrieben, indem Sie den Betrieb<br />

einer Community mit einer Cocktail-<br />

Party verglich: „Speziell ganz am Anfang<br />

braucht man jemanden, der die ganze<br />

Zeit da ist – so wie der Gastgeber einer<br />

Party, der die Menschen einander vorstellt<br />

und ihnen aus dem Mantel hilft.“<br />

Die Redaktion muss zuhören<br />

Konkret bedeutet das: Die Redaktion<br />

muss in den Debatten Flagge zeigen

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!