Online-Journalismus - Netzwerk Recherche
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Journalistische Glaubwürdigkeit durch Klarnamen bei der Kommentarfunktion<br />
Frage diskutiert. Ganz abgesehen von<br />
grundlegenden Haftungsfragen, die<br />
sich bei der Vorabkontrolle stellen,<br />
kamen wir zu dem Schluss, dass es<br />
nicht dem Wesen von Internet-Dialogen<br />
entspricht, Kommentare zu prüfen,<br />
bevor sie online zu lesen sind. Dies ist<br />
ein ganz wesentlicher Unterschied<br />
zwischen dem Internet und der ge druckten<br />
Zeitung: Zeitungsjournalismus ist<br />
das Ergebnis einer Publikation. <strong>Online</strong>-<br />
<strong>Journalismus</strong> dagegen entsteht aus<br />
dem Zusammenspiel von Publikation<br />
und Konversation. Wenn Minuten oder<br />
(nachts!) Stunden vergehen, bevor ein<br />
Meinungsbeitrag zu lesen ist, wird<br />
Kommunikation abgewürgt.<br />
Unabhängig davon haben wir uns auf<br />
badische-zeitung.de dafür entschieden,<br />
einen gravierenden Konfliktherd<br />
ganz grundsätzlich zu beseitigen: Diskussionen<br />
zu Polizeimeldungen, bei<br />
denen es um Jugendgewalt, tragische<br />
Unfälle oder Kriminalität von Menschen<br />
mit Migrationshintergrund geht. Auf<br />
badische-zeitung.de gilt die Regel:<br />
Polizeimeldungen können grundsätzlich<br />
nicht kommentiert werden – die<br />
Kommentarfunktion wird bei diesen<br />
Beiträgen automatisch im Content<br />
Management System gesperrt. Wir<br />
haben die Erfahrung gemacht, dass<br />
Diskussionen zu Polizeimeldungen in<br />
den seltensten Fällen neue Erkenntnisse<br />
oder geistreiche Argumente liefern. Sie<br />
verlaufen stattdessen fast immer hasserfüllt,<br />
klischeebeladen und pietätlos.<br />
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Manchmal führen übrigens auch ganz<br />
unkonventionelle Maßnahmen zum<br />
Ziel: So haben sich die Nutzer des amerikanischen<br />
Politikblogs Daily Kos<br />
einen besonderen Trick ausgedacht,<br />
um Trolle (Personen, welche Kommunikation<br />
beispielsweise durch provokante<br />
Äußerungen stören) zu vertreiben:<br />
Anstatt auf die Provokationen von<br />
Web-Wichtigtuern einzugehen, unterbrechen<br />
die Nutzer die Debatten einfach<br />
und veröffentlichen Kochrezepte<br />
in der Kommentarspalte, um die Trolle<br />
auf diese Weise mit Ignoranz zu strafen<br />
und zu vertreiben. Weil Daily Kos notorisch<br />
viele Trolle anzieht, haben die<br />
Betreiber der Seite zwischenzeitlich die<br />
besten Kochrezepte gebündelt und<br />
in einem 144-seitigen Kochbuch veröffentlicht.<br />
Von herausragender Bedeutung beim<br />
erfolgreichen <strong>Online</strong>-Dialog mit den Nutzern<br />
ist der „Faktor Mensch“, also die Art<br />
und Weise, wie die Redaktion mit ihren<br />
Nutzern kommuniziert. Caterina Fake,<br />
die Gründerin der Internet-Fotocommunity<br />
Flickr, hat dies einmal sehr anschaulich<br />
beschrieben, indem Sie den Betrieb<br />
einer Community mit einer Cocktail-<br />
Party verglich: „Speziell ganz am Anfang<br />
braucht man jemanden, der die ganze<br />
Zeit da ist – so wie der Gastgeber einer<br />
Party, der die Menschen einander vorstellt<br />
und ihnen aus dem Mantel hilft.“<br />
Die Redaktion muss zuhören<br />
Konkret bedeutet das: Die Redaktion<br />
muss in den Debatten Flagge zeigen