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Ornithologische Berichte aus dem mittleren Elstertal

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<strong>Ornithologische</strong> <strong>Berichte</strong> <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> <strong>mittleren</strong> <strong>Elstertal</strong> 1 (2008)<br />

Durchzügler und Wintergäste waren im 19. Jahrhundert und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts<br />

noch große Ausnahmen und betrafen wahrscheinlich zum Teil entwichene Gefangenschaftsflüchtlinge.<br />

BREHM (1833) schrieb über die Vögel bei Renthendorf: „... die schwarzen Seeschwalben, der Höckerschwan,<br />

- auch Singschwäne kamen hier vor, aber nicht in meine Hände ...“. Das Hauptbeobachtungsgebiet für Wasservögel<br />

von BREHM waren die Teiche bei Frießnitz und Lederhose. Am 3. Januar 1870 wurden zwei „wilde<br />

Schwäne“ bei „Cuba“ (Weiße Elster bei Gera-Untermh<strong>aus</strong>) geschossen (Anonym 1870). Anfang 1913 hielt<br />

sich auf der Weißen Elster bei Veitsberg/Wünschendorf ca. 4 bis 5 Wochen ein futterzahmer Höckerschwan<br />

auf, der zuvor schon bei Meilitz beobachtet wurde. Er verunglückte tödlich an einer Hochspannungsleitung<br />

bei Veitsberg (ISRAEL 1914). Mit der positiven Bestandsentwicklung in Mitteleuropa ab den 1950er-Jahren<br />

(BAUER, BEZZEL & FIEDLER 2005) nahm auch im Landkreis Greiz und der Stadt Gera parallel zur Entwicklung<br />

des Brutbestandes die Zahl der Durchzügler, Wintergäste und der ganzjährig anwesenden Nichtbrüter zu.<br />

Ehemalige Winternahrung – der Flutende Hahnenfuß – in der stark verschmutzten Weiße Elster wurde nach<br />

1990 immer weniger genutzt und stand mit <strong>dem</strong> Rückgang der Eutrophierung dieses Gewässers ab ca. 1995<br />

kaum noch zur Verfügung. Auf der Weißen Elster überwinterten in den 1980er-Jahren maximal 60 Höckerschwäne.<br />

Andere nennenswerte Überwinterungsgebiete waren in dieser Zeit nicht bekannt. Danach erfolgte<br />

ein Rückgang auf wenige Vögel.<br />

Parallel dazu entstand ein neues Überwinterungsgebiet im Südwesten des Landkreises Greiz. Begünstigt<br />

wurde diese Entwicklung ab 1988, als die Landwirtschaftsbetriebe begannen, großflächig Raps anzubauen.<br />

Damit stand eine energiereiche Nahrung im Winterhalbjahr zur Verfügung, die immer stärker von den<br />

Schwänen genutzt wurde. An den bekannten Überwinterungsplätzen im Bereich zwischen Zeulenroda,<br />

Auma und Niederpöllnitz können Ansammlungen von mehr als 100 Höckerschwänen beobachtet werden.<br />

Insgesamt überwintern in diesem Bereich ca. 150 Vögel. Ausgewählte Beispiele: 53 Ind. 08.11.1998, 76 Ind.<br />

02.01.1999, 76 Ind. 28.02.1999 alle Weiderteich (K. LIEDER), 58 Ind. 14.11.1999 Talsperre Zeulenroda<br />

(L. LORENZ), 132 Ind. 06.01.2000 Talsperre Zeulenroda (J. LUMPE, R. SCHUSTER), 70 Ind. 30.01.2000 Feldflur<br />

bei Gütterlitz (H. LANGE), 64 Ind. 29.03.2001 Feldflur bei Zadelsdorf (J. LUMPE), 131 Ind. 23.01.2002<br />

Kleinwolschendorf (K. LIEDER), 112 Ind. 15.12.2002 Feldflur bei Läwitz (J. LUMPE), 120 Ind. 16.02.2004 Talsperre<br />

Zeulenroda (S. STEIN), 101 Ind. 10.01.2004 Feldflur bei Pahren (S. STEIN), 104 Ind. 30.01.2006 Feldflur<br />

bei Läwitz (T. HEMPEL).<br />

Die Höckerschwäne hielten sich vornehmlich auf Raps- und Wintergetreidefeldern auf. Ebenfalls im Südwesten<br />

des Landkreises Greiz sammeln sich in den letzten Jahren Trupps von Nichtbrütern. Ausgewählte<br />

Beispiele von Ansammlungen der Nichtbrüter: 36 Ind. 13.05.2005 Teich bei Gütterlitz (S. STEIN), 40 Ind.<br />

26.05.2004 Talsperre Zeulenroda (S. STEIN), 24 Ind. 29.06.2006 Weiderteich (J. LUMPE). M<strong>aus</strong>erplätze mit<br />

größeren Ansammlungen zwischen Juli und September sind mit Ausnahme von 1998 (Weiderteich) im<br />

Landkreis Greiz und der Stadt Gera nicht bekannt.<br />

Jahreszeitliches Auftreten, Wanderungen, Überwinterungsgebiet<br />

Der Jahreslebensraum beringter Höckerschwäne <strong>aus</strong> Sachsen Anhalt und Thüringen lässt sich nach den<br />

von HEINICKE (2007) <strong>aus</strong>gewerteten Ringfunden wie folgt begrenzen: Litauen, Polen, Tschechien, Nordfrankreich,<br />

Belgien, Niederlande, SE-Dänemark und Südschweden. „In Ostdeutschland auftretende Höckerschwäne<br />

lassen sich der Nordwesteuropäischen Brutpopulation zuordnen und können als Teilzieher bzw.<br />

Kurzstreckenzieher charakterisiert werden. ....Brutvögel führen erst ab Oktober kleinere Zugbewegungen<br />

<strong>aus</strong> und erst im Mittwinter sind größere Zugbewegungen zu verzeichnen. ....Ab Mai/Juni sammeln sich<br />

immature Vögel und adulte Nichtbrüter an geeigneten Rastgewässern, um im Zeitraum Juli bis September<br />

eine Vollm<strong>aus</strong>er der Schwungfedern durchzuführen, wo die Vögel dann für etwa sechs Wochen flugunfähig<br />

sind.“ (HEINICKE 2007).<br />

Das Vorkommen des Höckerschwans im Landkreis Greiz und der Stadt Gera muss unter diesen Gesichtspunkten<br />

betrachtet werden. Brutvögel besetzen die Brutgewässer je nach Vereisungsgrad der Gewässer<br />

zwischen Februar und April. Es wurden aber auch schon frühzeitig heimkehrende Brutpaare an noch<br />

völlig vereisten Gewässern beobachtet. Die winterlichen Ansammlungen lösen sich bis Anfang April auf. Nur<br />

1998 und 2006 verblieben im April zwischen 30 bis 40 Nichtbrüter am Weiderteich (F. BECHER, J. LUMPE,<br />

A. MERZWEILER, G. REICHARDT u.a.). Diese Vögel blieben 1998 bis Ende September und führten hier ihre<br />

Vollm<strong>aus</strong>er durch.<br />

Ab Mai bis Ende Juni sind dann in den letzten Jahren regelmäßig Nichtbrütertrupps zwischen<br />

Zeulenroda, Auma und Niederpöllnitz anzutreffen (siehe oben).<br />

Von Juli bis September können hauptsächlich die Brutvögel und ihre Jungen im Umkreis der Brutgewässer<br />

beobachtet werden. Mit <strong>dem</strong> Flüggewerden der Jungvögel und <strong>dem</strong> Ende der Vollm<strong>aus</strong>er der Brutvögel<br />

beginnt die Abwanderung und Besetzung der Winterquartiere.<br />

K. Lieder und J. Lumpe: Der Höckerschwan Cygnus olor (J. F. Gmelin 1789) im Landkreis Greiz und der Stadt Gera 11

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