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Mündliche Frage zu Entscheidungskriterien der ... - Schulz, Swen

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8826 Deutscher Bundestag 17. Wahlperiode 80. Sit<strong>zu</strong>ng. Berlin, Mittwoch, den 15. Dezember 2010Dr. Gesine Lötzsch(A)(B)Deutsche Banken haben allein in Griechenland, (C)Irland, Portugal und Spanien 318 Milliarden Euro investiert.Diese Milliarden wollen die deutschen Bankenohne Verluste und hochverzinst <strong>zu</strong>rückhaben. Das erwartensie von Ihnen. Frau Merkel, Sie müssen uns endlichsagen, in wessen Auftrag Sie am Donnerstag eigentlichverhandeln: Verhandeln Sie im Auftrag <strong>der</strong>Bürgerinnen und Bürger o<strong>der</strong> im Auftrag dieser deutschenBanken?(Beifall bei <strong>der</strong> LINKEN)Für beide gleichzeitig können Sie nämlich nicht verhandeln,weil die Interessen <strong>der</strong> Bürgerinnen und Bürger in<strong>der</strong> Bundesrepublik nicht im Ansatz mit den Interessen<strong>der</strong> deutschen Banken deckungsgleich sind.(Beifall bei <strong>der</strong> LINKEN)Die Ursache <strong>der</strong> Euro-Krise sind nicht überschuldetenationale Haushalte, son<strong>der</strong>n ist das schnelle ökonomischeAuseinan<strong>der</strong>driften <strong>der</strong> Volkswirtschaften in <strong>der</strong>Euro-Zone. Die Agenda 2010 hat diesen Prozess nochdramatisch beschleunigt. Ich will Ihnen das einmal an einemaktuellen Beispiel deutlich machen: In den französischenund dänischen Schlachthöfen werden Mindestlöhnegezahlt in deutschen Schlachthöfen nicht.(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN]: Mit Frau Lötzsch Seit an Seit! Eswächst <strong>zu</strong>sammen, was <strong>zu</strong>sammengehört! Dashat schon Herr Kubicki erkannt!)Das hat da<strong>zu</strong> geführt, dass Schlachthöfe in Dänemarkschließen mussten und die französischen Arbeitgebervon <strong>der</strong> EU for<strong>der</strong>n, in Deutschland auf Mindestlöhne <strong>zu</strong>drängen. Die Deregulierung des deutschen Arbeitsmarktesbringt alle an<strong>der</strong>en europäischen Län<strong>der</strong>, die gerechteLöhne zahlen, in größte Schwierigkeiten.(Beifall bei <strong>der</strong> LINKEN Zurufe von <strong>der</strong>FDP: Oh!)Es sind also nicht nur die Hochtechnologien, die <strong>zu</strong> einemdeutschen Exportüberschuss führen um mit dieserLegende einmal auf<strong>zu</strong>räumen , son<strong>der</strong>n es ist auch <strong>der</strong>unfaire Wettbewerb um die niedrigsten Löhne, den dieBundesregierung den an<strong>der</strong>en Volkswirtschaften aufzwingt.Das muss endlich ein Ende haben.(Beifall bei <strong>der</strong> LINKEN)Eine an<strong>der</strong>e Ursache <strong>der</strong> Euro-Krise liegt in <strong>der</strong> Fehlkonstruktiondes Euro selbst. Waren die Väter des Eurowirklich so naiv, <strong>zu</strong> glauben, dass allein die Währung in<strong>der</strong> Lage sei, diesen unterschiedlichen VolkswirtschaftenEuropas eine gemeinsame Basis <strong>zu</strong> geben? Ich sage Ihnen:Die Einführung des Euro, wie sie damals geschehenist, war eine Einladung <strong>zu</strong>m Schuldenmachen. Mit demEuro in <strong>der</strong> Hand konnten auch schwache Volkswirtschaften<strong>zu</strong> niedrigen Zinsen Kredite aufnehmen undsehr <strong>zu</strong>r Freude deutscher Exporteure in Deutschland aufShoppingtour gehen. Das ist nämlich die Wahrheit.(Beifall bei <strong>der</strong> LINKEN)Was wir jetzt brauchen, sind Investitionen in die ZukunftEuropas. Selbst das regierungsfreundliche Handelsblattfor<strong>der</strong>t jetzt ein europäisches Konjunkturprogrammvon 347 Milliarden Euro, um aus dieserschweren Krise heraus<strong>zu</strong>kommen.(Volker Kau<strong>der</strong> [CDU/CSU]: Waren das nicht346 Milliarden Euro?)Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung for<strong>der</strong>teine einmalige Vermögensabgabe <strong>zu</strong>r Sanierung unsererHaushalte. Doch ich sage Ihnen: Jedes Konjunkturprogrammist für die Katz, wenn wir nicht endlich die Finanzmärktewirksam regulieren.(Beifall bei <strong>der</strong> LINKEN Zurufe von <strong>der</strong>FDP)Es ist doch sinnlos, wenn wir die öffentlichen Haushaltenur sanieren, damit wir wie<strong>der</strong> die Kosten <strong>der</strong>nächsten Finanzkrise übernehmen können. Es ist für michvöllig unbegreiflich, dass es die Bundesregierung seitzwei Jahren nicht geschafft hat, für eine bessere Kontrolle<strong>der</strong> Finanzmärkte <strong>zu</strong> sorgen. Neuerdings, Frau Merkel,for<strong>der</strong>n Sie ja auch die privaten Anleger auf, ein Risikomit<strong>zu</strong>tragen. Einverstanden. Aber warum fangen Sienicht gleich bei den deutschen Banken an? Worauf wartenSie noch?(Beifall bei <strong>der</strong> LINKEN Volker Kau<strong>der</strong>[CDU/CSU]: Die sind offenbar die Schlimmsten,was?)Die Linke for<strong>der</strong>t eine Finanztransaktionsteuer undeine wirksame Kontrolle <strong>der</strong> Finanzmärkte. Wer eineWährung ohne eine abgestimmte Wirtschafts-, Finan<strong>zu</strong>ndSozialpolitik einführt, <strong>der</strong> handelt unglaublich verantwortungslos.(Beifall bei <strong>der</strong> LINKEN)Es ist doch völlig absurd, in <strong>der</strong> Europäischen Unioneine Konkurrenz um die niedrigsten Unternehmensteuernüberhaupt <strong>zu</strong><strong>zu</strong>lassen. Noch absur<strong>der</strong> ist es, dass IrlandEU-Hilfen bekommt, ohne dass eine Anhebung <strong>der</strong>unanständig niedrigen Unternehmensteuern vereinbartwurde. So werden die Dinge nie in Ordnung gebracht,meine Damen und Herren.(Beifall bei <strong>der</strong> LINKEN)Wir als Linke sind <strong>der</strong> Auffassung, dass <strong>der</strong> Euro nurgerettet werden kann, wenn die Finanzmärkte strengkontrolliert und reguliert werden und endlich eine gemeinsameWirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik vertraglichvereinbart wird. Euro-Bonds o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Ankaufvon Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbanksind im Rahmen einer Rettungsaktion als Übergangslösungwichtig. Eine grundsätzliche Revision des LissabonnerVertrages ersetzen sie allerdings nicht.(Beifall bei <strong>der</strong> LINKEN)Frau Bundeskanzlerin, überdenken Sie Ihre Rolle inEuropa! Bringen Sie unser Land nicht weiter in Verruf!Suchen Sie nach gemeinsamen Lösungen, die Europastärken und nicht in Stücke reißen!Vielen Dank.(Beifall bei <strong>der</strong> LINKEN)(D)

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