exchange die kunst, musik zu vermitteln - Kunstdervermittlung.at
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MUSIKVERMITTLUNG ZWISCHEN<br />
ÄSTHETISCHER BILDUNG<br />
UND AUDIENCE-DEVELOPMENT<br />
Musikvermittler und Konzertpädagogen<br />
öffnen Räume für ästhetische Erfahrungen.<br />
Sie tun <strong>die</strong>s in Konzertsälen, in Orchesterproberäumen,<br />
in Turnsälen, im<br />
Freien, in Klassenzimmern oder in Foyers.<br />
Die äußeren Räume sind entweder<br />
<strong>at</strong>traktiv, zweckmäßig, inspirierend oder<br />
beengend. Die inneren Räume jedoch, in<br />
denen Berührungen zwischen Publikum<br />
und Musik entstehen, weiten Horizonte<br />
für Verständnis, Bedeutungen und Assozi<strong>at</strong>ionen.<br />
Dieser Prozess verläuft in den<br />
seltensten Fällen linear zwischen Ausgang<br />
und Ziel, sondern mäandert zwischen<br />
der Musik, den Akteuren der Vermittlung<br />
und dem Publikum als Strom<br />
aus Symbolen, <strong>die</strong> von jedem Einzelnen<br />
vielfältig gedeutet werden können.<br />
Gerade für junge Menschen ist es wesentlich,<br />
<strong>zu</strong> begreifen, dass ihre Interessen<br />
und Lebenswelten in <strong>die</strong>sem Prozess eine<br />
Rolle spielen und Erkenntnisse möglich<br />
sind, <strong>die</strong> ihre Welt tiefer und bedeutungsvoller<br />
machen können. Ihre aktiven<br />
Handlungen – beispielsweise in einem<br />
Musikvermittlungs-Workshop – können<br />
<strong>zu</strong> <strong>musik</strong>alischen Ergebnissen führen,<br />
<strong>die</strong> Folgen für eine größere Öffentlichkeit<br />
haben und damit wieder auf sie<br />
selbst <strong>zu</strong>rückwirken.<br />
Das Potenzial <strong>die</strong>ser Bildungsangebote,<br />
in denen künstlerisches Handeln, inszenierte<br />
Konzertformen und aktives Zuhören<br />
wesentliche Ansätze bilden, liegt in<br />
den ästhetischen Erfahrungen, <strong>die</strong> sie<br />
dem Publikum dabei ermöglichen.<br />
Seit rund zwanzig Jahren sucht Musikvermittlung<br />
nach einer geeigneten<br />
Definition ihrer Tätigkeit und ihres Aufgabengebietes.<br />
In immer wiederkehrenden<br />
Diskussionen und Suchbewegungen verortet<br />
sie sich im Rahmen von Ästhetischer<br />
Bildung und Au<strong>die</strong>nce-Development. Sie<br />
findet neue Begriffe, wenn sie Orte der<br />
Vermittlung in den Vordergrund rücken<br />
möchte – und nennt sich Konzertpädagogik<br />
oder „community projects“. Oder<br />
sie schafft Distanz <strong>zu</strong>r Bildungs insti -<br />
tution Schule bzw. <strong>zu</strong>m Konzertsaal und<br />
nennt sich außerschulische Musikvermittlung<br />
oder „outreach“. Manchmal betont<br />
sie <strong>die</strong> spezifische Herangehensweise<br />
und benennt dabei Form<strong>at</strong>e wie<br />
„Konzerte für Kinder“ oder „Cre<strong>at</strong>ive<br />
Workshops“. Die Stu<strong>die</strong> trägt zwar auch<br />
da<strong>zu</strong> bei, <strong>die</strong> Definitionen und Begrifflichkeiten<br />
genauer unter <strong>die</strong> Lupe <strong>zu</strong><br />
nehmen, möchte aber vor allem da<strong>zu</strong> ein -<br />
laden, <strong>die</strong> Inhalte der Musikvermittlung<br />
und Konzertpädagogik <strong>zu</strong> diskutieren.<br />
Bevor wir in Kapitel 5 <strong>die</strong> Ergebnisse<br />
unserer Befragung, bei der <strong>die</strong> Akteure<br />
der Musikvermittlung <strong>zu</strong> Wort kommen,<br />
präsentieren, möchten wir im Folgenden<br />
noch einige grundlegende Ansätze diskutieren,<br />
<strong>die</strong> den aktuellen Kontext der Berufspraxis<br />
Musikvermittlung und Konzertpädagogik<br />
ausmachen, in dem sich<br />
<strong>die</strong> obengenannten Räume entfalten: <strong>die</strong><br />
Ästhetische Bildung und das Au<strong>die</strong>nce-<br />
Development.<br />
ÄSTHETISCHE BILDUNG<br />
Musikvermittlung und Konzertpädagogik<br />
sind Handlungsspielräume, <strong>die</strong> wesentliche<br />
Impulse aus der Ästhetischen Bildung<br />
1 erfahren. Ästhetische Bildung lässt<br />
sich nicht in einem allgemein gültigen<br />
Curriculum <strong>zu</strong>sammenfassen, an dem<br />
sich Musikvermittler im Sinne eines verbindlichen<br />
Bildungs- oder Kunstkanons<br />
orientieren können. Winfried Kneip<br />
spricht vom „Unwägbaren“, das Kunst<br />
und <strong>die</strong> Beschäftigung damit repräsentie-<br />
55<br />
ren würden, und grenzt damit künstlerische<br />
und kulturelle Bildung, <strong>die</strong> von Institutionen<br />
wie Konzerthäusern oder Orchestern<br />
angeboten wird, von Schulfächern<br />
wie Kunst oder Musik ab. 2<br />
Ästhetische Bildung bietet Anlässe, um<br />
Erfahrungen anhand kultureller und<br />
künstlerischer Inhalte und Formen <strong>zu</strong><br />
machen und sucht dabei nach Orten,<br />
Räumen und persönlichen Begegnungen<br />
zwischen Künstlern und Publikum, <strong>die</strong><br />
<strong>die</strong>se Auseinanderset<strong>zu</strong>ng ermöglichen.<br />
Diese Erfahrungen unterliegen nicht den<br />
K<strong>at</strong>egorien von „richtig“ oder „falsch“,<br />
weil sie immer in erster Linie subjektiv<br />
sind und auf individueller Wahrnehmung<br />
und Empfindung gründen. Gleichzeitig<br />
finden <strong>die</strong>se Prozesse in einem kulturellen<br />
Umfeld st<strong>at</strong>t, das <strong>die</strong> Erfahrungen in<br />
einen historischen und gesellschaftlichen<br />
Kontext stellt.<br />
Als pädagogischer Begriff ist der Lehrund<br />
Lernbereich Ästhetik generell den<br />
Schulfächern Bewegung und Sport, Bühnenspiel,<br />
Bildnerische Erziehung, Werkerziehung<br />
und Musik <strong>zu</strong>geordnet. Kritik<br />
an <strong>die</strong>ser spartenspezifischen Zuordnung<br />
wird seit den 1970er-Jahren immer<br />
wieder vonseiten der außerschulischen<br />
Kulturpädagogik geäußert, da Ästhetische<br />
Bildung in allen Bereichen der gestalteten<br />
Lebenswelt st<strong>at</strong>tfindet und sich<br />
dabei an den rituellen Formen des gesellschaftlichen<br />
Gebrauchs orientiert. Ästhetische<br />
Bildung greift in das Sozialis<strong>at</strong>ionsgeschehen<br />
ein, das sich außerhalb<br />
von Bildungseinrichtungen im Alltag entwickelt,<br />
und ist dabei auf das Erkennen<br />
und Verändern der gelebten Wirklichkeit<br />
ausgerichtet. 3