Schule und Bürgergesellschaft - Landessportverband Baden ...
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Fachtagung <strong>Schule</strong> <strong>und</strong> <strong>Bürgergesellschaft</strong>, Mai 2006, Stuttgart<br />
entwickeln, weil ein Kollege (Herr Reiser)<br />
ein Jahr in Jamaika gelebt <strong>und</strong> gearbeitet<br />
hat <strong>und</strong> ihn vor allem die Lebensfreude<br />
aber auch die Armut vieler Jamaikaner<br />
nicht mehr losgelassen hat. Bei einem<br />
Besuch seines Fre<strong>und</strong>es Dougie Prout an<br />
unserer <strong>Schule</strong> entstand der Gedanke,<br />
eine Studienfahrt nach Jamaika durchzuführen.<br />
Nach <strong>und</strong> nach fre<strong>und</strong>ete auch ich<br />
mich mit diesem außergewöhnlichen Plan<br />
an <strong>und</strong> bemühte mich um eine Genehmigung,<br />
die ich mir schwierig vorstellte, die<br />
jedoch, nach vielen Gesprächen sehr einfach<br />
war. Auch eine solche Reise genehmigt<br />
der Schulleiter. Danach erfolgten Gespräche<br />
mit der Klasse, den Eltern, dem<br />
Kollegium – nicht immer ganz einfach,<br />
letztendlich aber positiv. Wir begannen mit<br />
der konkreten Planung der Reise, die für<br />
die Eltern jedoch nicht mehr kosten durfte<br />
als ein sonstiger Schullandheimaufenthalt<br />
(damals 500,-DM). Das heißt, die Jugendlichen<br />
mussten selbst arbeiten; gemeinsame<br />
Aktionen in der Klasse mussten organisiert<br />
werden.<br />
Hier entstanden unglaubliche Projekte, die<br />
sich sehr positiv auf die Klassengemeinschaft,<br />
aber auch auf außerschulische<br />
Bereiche ausgewirkt haben.<br />
Seit 1995 verkaufen Jugendliche zusammen<br />
mit Herrn Reiser jedes Jahr<br />
Christbäume, die sie zuvor aus einer Plantage<br />
heraustragen, verpacken <strong>und</strong> verladen<br />
müssen. Danach werden diese in unseren<br />
Schulhof gebracht, wo sie wieder<br />
abgeladen, ausgepackt <strong>und</strong> an zwei Tagen<br />
verkauft werden. Außerdem gibt es an<br />
diesen Tagen noch einen kleinen Basar<br />
mit Selbstgebasteltem <strong>und</strong> Kaffee <strong>und</strong><br />
Kuchen. Der Erlös ging 1995 ausschließlich<br />
in die Klassenkasse – bei den folgenden<br />
Verkäufen spendeten die Klassen<br />
immer auch für unsere Projekte in Jamaika.<br />
Zur Finanzierung der Studienfahrt gab es<br />
viele gemeinsame Aktionen bei Freudenstädter<br />
Familien, wo unsere Jugendlichen<br />
in Gärten arbeiteten, Aushubarbeiten verrichteten,<br />
Gartenzäune reparierten <strong>und</strong><br />
strichen, putzten, … . Innerhalb von nur<br />
vier Monaten erarbeiteten die Jugendlichen<br />
so insgesamt 13500,-DM für die<br />
Klassenkasse. Zusätzlich finanzierten sich<br />
viele Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler den gesamten<br />
Aufenthalt durch weitere Jobs<br />
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selbst, so dass wir am 14. Februar 1996<br />
nach Jamaika aufbrechen konnten.<br />
Für Herrn Reiser <strong>und</strong> mich war von Anfang<br />
an klar, dass sich aus dieser Reise<br />
etwas Bleibendes entwickeln muss. Auf<br />
Vorschlag von Dougie Prout entschieden<br />
wir uns für eine Patenschaft mit der Flanker<br />
Basic School. Diese kleine Gr<strong>und</strong>schule<br />
erhält keine staatliche Unterstützung.<br />
Sie liegt in einem Slumgebiet am Rande<br />
von Montego Bay, das einen sehr schlechten<br />
Ruf hat, da einige Einwohner kurz vor<br />
unserem Besuch einen Weißen lynchten,<br />
der durch Unachtsamkeit mit seinem Auto<br />
die Musikanlage bei einer Veranstaltung<br />
zu Schrott gefahren hatte.<br />
80 Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler im Alter von<br />
4 - 7 Jahren wurden in einem Raum, der<br />
etwa die Größe von knapp zwei<br />
Klassenzimmern bei uns hatte, in drei<br />
Abteilungen, die durch je zwei „Tafeln” aus<br />
Spanplatten abgetrennt waren,<br />
unterrichtet. Nicht jedes Kind hatte einen<br />
Sitzplatz, der Raum war dunkel, schlecht<br />
zu lüften, eine Klimaanlage gab es nicht.<br />
Kreide, Papier, Bleistifte oder anderes<br />
Schreibmaterial waren ebenfalls nicht<br />
vorhanden. Im Vergleich mit unseren<br />
<strong>Schule</strong>n herrschte unsagbare Not.<br />
Der Besuch des SOS Kinderdorfes Barrett<br />
Town in Montego Bay <strong>und</strong> die vielfältigen<br />
Begegnungen mit Kindern, den<br />
Kinderdorfmüttern <strong>und</strong> Frau Maisel-<br />
Schulz, der damaligen Beauftragten für die<br />
SOS Kinderdörfer in der Karibik,<br />
beeindruckte uns ebenfalls so stark, dass<br />
wir uns auch hier für eine Patenschaft<br />
entschieden.<br />
Wieder zuhause organisierten wir sofort<br />
eine Hilfslieferung mit Kleidern, Schulmaterialien,<br />
Spielsachen, …. . Unsere SMV<br />
führte eine interne Sammlung an unserer<br />
<strong>Schule</strong> durch. Außerdem hielten sie Vorträge<br />
an anderen <strong>Schule</strong>n <strong>und</strong> motivierten<br />
so auch andere, uns zu unterstützen. Alle<br />
gesammelten Sachspenden mussten <strong>und</strong><br />
müssen unsere Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler<br />
verpacken <strong>und</strong> für den Zoll genau auflisten.<br />
Die seewassergerechte Verpackung<br />
<strong>und</strong> alle Transportkosten wurden von der<br />
Schlott AG übernommen, was bis heute<br />
so geblieben ist.