Schule und Bürgergesellschaft - Landessportverband Baden ...
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Fachtagung <strong>Schule</strong> <strong>und</strong> <strong>Bürgergesellschaft</strong>, Mai 2006, Stuttgart<br />
Welt bei der Förderung von Migrantenkindern<br />
versagt (Stuttgarter Zeitung vom<br />
15.05.06).<br />
Die Studie weist darauf hin, dass der Leistungsabstand<br />
zwischen einheimischen<br />
<strong>und</strong> Migrantenkindern dann besonders<br />
extrem ist, wenn in den Herkunftsfamilien<br />
nicht deutsch gesprochen wird. So liege<br />
ein 15-jähriger Schüler aus einer nicht<br />
deutsch sprechenden Migrantenfamilie in<br />
Mathematik im Schnitt drei Jahre hinter<br />
gleichaltrigen Einheimischen zurück.<br />
Dieser Bef<strong>und</strong> kennzeichnet nicht nur individuelles<br />
Schulversagen, sondern auch<br />
eine vorhersehbare soziale Desintegration.<br />
Wer keine Chance auf Bildungserfolg<br />
hat, ist für den qualifizierten Arbeitsmarkt<br />
verloren, aber auch kaum ohne weiteres in<br />
der Lage oder willens, soziale Verantwortung<br />
zu übernehmen <strong>und</strong> sich für andere<br />
<strong>und</strong> mit anderen zu engagieren.<br />
Diese wenig schmeichelhafte Analyse des<br />
deutschen Schulsystems trifft selbstverständlich<br />
an einigen Orten stärker zu als<br />
an anderen. Insgesamt aber kann für <strong>Baden</strong>-Württemberg<br />
keine Entwarnung gegeben<br />
werden. Der Zusammenhang von<br />
mangelnder sprachlicher Kompetenz <strong>und</strong><br />
Bildungsferne muss daher gesehen werden.<br />
Zu Recht betont Kultusminister Rau,<br />
dass Sprache der Schlüssel zu Bildung ist.<br />
Deshalb muss die vorschulische Sprachförderung<br />
zwingend weiter ausgebaut<br />
werden.<br />
Sprache lässt sich aber nicht nur in Kursen<br />
lehren <strong>und</strong> lernen, Sprache muss gelebt<br />
werden. Die Sprachkompetenz der<br />
hier lebenden Menschen ist daher eine<br />
Aufgabe, die alle angeht, <strong>und</strong> die dauerhaft<br />
in Abstimmung mit <strong>und</strong> über <strong>Schule</strong><br />
hinaus zu bewältigen ist.<br />
These 2:<br />
Bildung <strong>und</strong> Bildungsinhalte wandeln<br />
sich.<br />
Sie stehen dabei unter hohem ökonomischem<br />
Anpassungsdruck.<br />
Gleichzeitig erlebt <strong>Schule</strong> in der Vermittlung<br />
der erwünschten „weichen“<br />
Bildungsinhalte einen Kontrollverlust.<br />
Die heutige Kommunikations-, Dienstleistungs-,<br />
Wissens-, oder Globalisierungsgesellschaft<br />
verlangt ganz spezifische<br />
Bildungsinhalte: Kommunikationsstärke,<br />
Teamfähigkeit, Verantwortungsbewusstsein,<br />
die Fähigkeit <strong>und</strong> die Bereitschaft zu<br />
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lebenslangem Lernen. Eben die ganze<br />
Palette der einstigen „weichen Faktoren“.<br />
Das Problem mit diesen weichen Faktoren<br />
<strong>und</strong> Sozialen Kompetenzen ist jedoch,<br />
dass sie zwar heiß begehrt, aber nicht<br />
leicht <strong>und</strong> auf direktem Wege herstellbar<br />
sind. Teamfähigkeit lässt sich nicht auswendig<br />
lernen, sondern ist die Summe an<br />
positiv interpretierten Erfahrungen in<br />
Gruppen, ist die Fähigkeit, Frustrationen<br />
zu überwinden <strong>und</strong> anderen zu vertrauen.<br />
Ein solcher Lernprozess braucht Zeit,<br />
denn diese Erfahrungen <strong>und</strong> ihre Verarbeitung<br />
müssen langsam reifen <strong>und</strong> wachsen.<br />
Und diese Zeit muss man zulassen.<br />
Denn Sie wissen ja: Gras wächst auch<br />
nicht schneller, wenn man daran zieht.<br />
Persönliche Reifeprozesse bringen noch<br />
eine weitere Schwierigkeit mit sich: Sie<br />
sind prinzipiell schwerer vorhersagbar als<br />
die traditionelle Wissensvermittlung formaler<br />
Bildungsinhalte oder Wissensbausteine.<br />
Bildung unter diesen Vorzeichen ist<br />
immer auch Persönlichkeitsbildung. Die<br />
Persönlichkeiten aber (bzw. die Menschen),<br />
das wissen wir alle, sind zum Teil<br />
sehr unterschiedlich.<br />
Dadurch erlebt <strong>Schule</strong> einen institutionellen<br />
Kontrollverlust:<br />
� Bildung als Persönlichkeitsbildung ist<br />
schwer vorhersehbar; schwer planbar<br />
<strong>und</strong> in ein Curriculum zu fassen<br />
� Persönlichkeitsbildung kann nicht benotet<br />
werden, denn sie ist kaum standardisierbar;<br />
� Jugendliche entscheiden mit, welche<br />
Bildungsinhalte ihnen persönlich <strong>und</strong><br />
passend zu ihrer Biographie <strong>und</strong> ihren<br />
Beziehungen einleuchten <strong>und</strong> wie sie<br />
diese aufnehmen.<br />
� Persönlichkeitsbildung ist nicht traditionell<br />
<strong>und</strong> im Frontalunterricht, der<br />
auch seine guten Seiten hat, herstellbar,<br />
sondern muss außerschulische<br />
Praxis <strong>und</strong> Bildungsorte mit einbeziehen.<br />
Das heißt, <strong>Schule</strong> muss mit Partnern<br />
kooperieren, die nicht den gleichen<br />
Regeln wie <strong>Schule</strong> unterliegen,<br />
die andere „Öffnungszeiten“ haben,<br />
andere Regeln, andere oder gar keine<br />
Sanktionsmöglichkeiten usw.<br />
Dies alles bedeutet Kontrollverlust. Damit<br />
dies nicht auch zu Qualitätsverlust führt,<br />
müssen verlässliche Partnerschaften aufgebaut<br />
werden. Auch das braucht Zeit,