30.01.2013 Aufrufe

Das Argument 72 - Berliner Institut für kritische Theorie eV

Das Argument 72 - Berliner Institut für kritische Theorie eV

Das Argument 72 - Berliner Institut für kritische Theorie eV

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Das</strong> gegenwärtige Interesse an der Linguistik 349<br />

wird, wäre zwangsläufig, daß die Arbeitskraft unqualifiziert bleiben<br />

müßte und die abstrakte, weil nur am Fernziel der sozialistischen<br />

Revolution ausgerichtete Vermittlung von Klassenbewußtsein Vorrang<br />

hätte. Instanz der Vermittlung soll die kommunistische Partei<br />

sein, denn „Die Einschätzung von Sprache und Bewußtsein im<br />

Kapitalismus ist in erster Linie Sache der kommunistischen Partei 65 ".<br />

Die Unverbindlichkeit dieser Aussage ist offensichtlich. Welche der<br />

„kommunistischen Parteien" gemeint ist 66 , wie sie ihren Anspruch<br />

legitimiert und woher sie die Kriterien zur Einschätzung von Sprache<br />

und Bewußtsein gewinnt, wird nicht gesagt. Solcher Verbalradikalismus<br />

bleibt folgenlos, bis auf den Nutzen, daß das Einrücken der<br />

Direktiven einer „kommunistischen Partei" an der Stelle, wo die<br />

Ziele und Methoden sprachwissenschaftlicher Forschung im Kapitalismus<br />

zu bestimmen wären, das Problem so formal löst, daß die<br />

bisherige wissenschaftliche Arbeit neu gerechtfertigt fortgesetzt<br />

werden kann. Der objektive Zusammenhang, in dem die Entwicklung<br />

der Linguistik steht und der ihre heutige Funktion bestimmt,<br />

darf weder ausgeklammert noch als durch die eigene Praxis schon<br />

sprengbar betrachtet werden. Weder hilft es weiter, die Tatsache,<br />

daß Teile der Linguistik <strong>für</strong> den Kapitalismus direkt verwertbar<br />

sind, zu unterschlagen oder einfach abzuleugnen, noch berechtigt<br />

diese Einsicht zum resignativen Einverständnis mit der politischen<br />

Herrschaft des Kapitals. Von dieser Voraussetzung muß eine Diskussion<br />

der Linguistik, die auch Folgen f ü r die Praxis der sie Studierenden<br />

haben soll, ausgehen.<br />

65 Konrad Ehlich, Frank Müller, Dietmar Wiehle: Soziolinguistik als<br />

bürgerliches Herrschaftswissen — Marxistische Sprachanalyse. In: Wolfgang<br />

Klein und Dieter Wunderlich (Hrsg.): Aspekte der Soziolinguistik.<br />

Frankfurt 1971, S. 108.<br />

66 Der Kreis der möglichen Kandidaten wird lediglich dadurch eingeschränkt,<br />

daß etwas später von der „Deformation des Sozialismus in<br />

der DDR" die Rede ist. Die Kommunistische Partei wird also kaum gemeint<br />

sein.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!