30.01.2013 Aufrufe

Das Argument 72 - Berliner Institut für kritische Theorie eV

Das Argument 72 - Berliner Institut für kritische Theorie eV

Das Argument 72 - Berliner Institut für kritische Theorie eV

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

382 Besprechungen<br />

Interessen des emanzipatorischen Prozesses und der Reaktion (29 ff.).<br />

Die Darstellung der „Topoi konservativer Demokratiekritik" (83 ff.)<br />

ist in einer Weise mit der gesellschaftlichen Entwicklung vermittelt,<br />

daß die konservative Kritik an „Vermassung", „Pluralismus", „Revolution",<br />

„Volkssouveränität", „Gleichheit" und „Sozialstaat" als Ausdruck<br />

von Herrschafts- und Eigentumssicherung der herrschenden<br />

Klasse unter den spezifischen Bedingungen des Spätkapitalismus zu<br />

entschlüsseln ist: „Konservative wollen eine gesellschaftliche Ordnung<br />

. . . stabilisieren, wie sie vor der expansiven Entfaltung des<br />

industriellen Kapitalismus bestand; sie wollen die demokratisierenden,<br />

sozialisierenden, transformierenden Effekte dieses Kapitalismus<br />

liquidieren . . . " (99). <strong>Das</strong> gleichwohl Vage solcher Festschreibungen<br />

resultiert aus dem Nebeneinander von gleichzeitigen und ungleichzeitigen<br />

Integrationstechniken und -ideologien. Deren Verhältnis zueinander<br />

versucht die Verfasserin im Rahmen einer „Typologie konservativer<br />

Ordnungsvorstellungen" (261 ff.) zu analysieren. Dabei<br />

zeigt sich, daß selbst die Modelle des „technokratischen Konservatismus",<br />

insbesondere des „hochtechnisierten Verwaltungsstaates" der<br />

„formierten Gesellschaft" (Altmann, Schelsky, Gehlen) nicht ohne<br />

Abstützung durch traditionelle Ordnungsvorstellungen und -Strategien<br />

auskommen. Anders ist die von Grebing konstatierte Rückkehr<br />

zu hierarchisch-autoritären Herrschaftsvorstellungen (263 ff.), zum<br />

Subsidiaritätsprinzip und korporativ-ständischen Ordnungsmodellen<br />

(283 ff.) in der katholischen Sozial- und Staatsrechtslehre, zu Nationalbewußtsein<br />

und asketisch-vaterländischen „Tugenden" (357 ff.)<br />

nicht zu erklären. Grebing beschreibt einen „zeitgemäßen" Konservatismus,<br />

der gleichzeitige und ungleichzeitige Ordnungsvorstellungen<br />

in einer Weise integriert, die traditionellem Konservatismus<br />

fremd war: „Der gemeinsame Nenner der hier kritisch referierten<br />

Auffassungen ist die Bemühung um die Konservierung der — wenn<br />

auch zeitgemäß modifizierten — kapitalistisch-bürgerlichen Klassengesellschaft<br />

und eine Fixierung des Begriffs der Demokratie an diese<br />

gesellschaftliche Vorgegebenheit (...) die Bemühungen, postfaschistisch<br />

orientiert, den Ordo des Kapitalismus zur Grundlage einer<br />

Demokratie zu machen, enden in der neuerlichen Einsicht, daß in der<br />

gegenwärtigen Phase des Demokratisierungsprozesses die Konservierung<br />

des Kapitalismus und einer ihm entsprechenden Ordnung<br />

von Gesellschaft und Staat ohne autoritäre Konzepte, die man<br />

natürlich selbst nicht so bezeichnet, nicht möglich ist" (332). Ist gegen<br />

Grebings Kritik am sorgfältig aufgearbeiteten immensen Material<br />

wenig einzuwenden, so muß doch die Frage nach dem gesellschaftlichen<br />

Ertrag der Kritik gestellt werden. Einwände erheben sich insbesondere<br />

im Hinblick auf die methodologischen Voraussetzungen<br />

und die gesellschaftstheoretischen Implikate einer ideologie<strong>kritische</strong>n<br />

Darstellung, die ihr Material so gut wie ausschließlich aus dem Bereich<br />

der bürgerlichen staats-, verwaltungs- und verfassungsrechtlichen<br />

<strong>Theorie</strong> entnimmt, ohne, wie es scheint, deren Stellenwert im<br />

Kontext einer <strong>kritische</strong>n Sozialtheorie ausreichend reflektiert zu<br />

haben. Gegensätze von Gesellschaft und Staat, Freiheit und Auto-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!