30.01.2013 Aufrufe

Das Argument 72 - Berliner Institut für kritische Theorie eV

Das Argument 72 - Berliner Institut für kritische Theorie eV

Das Argument 72 - Berliner Institut für kritische Theorie eV

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Abriß einer Analyse literarischer Produktion 219<br />

Interesses zu vermitteln imstand seien 45 . Wo „jedes Ding mit seinem<br />

Gegenteil schwanger zu gehen" scheint 48 , bedarf es in jedem Fall<br />

verschiedener Stufen der Analyse, um Möglichkeiten, partielle Verwirklichungen<br />

und manipulative Indienstnahmen von Einzelfortschritten<br />

jeweils festzumachen. Sicher ist aber, daß auch das Einspannen<br />

in einen umfassenderen Manipulationszusammenhang nur<br />

zu relativen „Lösungen" kommen kann und die an einer Stelle am<br />

Aufbrechen gehinderten Widersprüche auf erweiterter Stufenleiter<br />

reproduziert.<br />

2. Die Momente des literarischen Arbeitsprozesses<br />

Um die Konsequenzen der Auffassung literarischen Schaffens als<br />

gesellschaftlicher Arbeit zu skizzieren, ist es nötig, die Faktoren des<br />

literarischen Arbeitsprozesses einzeln und in ihrem Zusammenwirken<br />

als „literarische Produktivkräfte" zu behandeln. Einfache<br />

Momente dieses Prozesses sind die zweckmäßige Tätigkeit, die betätigte<br />

menschliche Arbeitskraft selbst, die Arbeitsinstrumente und<br />

der Arbeitsgegenstand, das literarische Material, das den vorliterarischen<br />

Gegenstand der Literatur, die von ihr nicht selbst „bearbeitete"<br />

Realität, in historisch wechselnder Weise wiedergibt. Nur<br />

über diese Momente und ihre Einheit kommen auch die Teilung<br />

und Kooperation der Arbeit sowie alle Arbeitsbedingungen im<br />

weiteren Sinn zur Wirkung. Wir beschränken dabei den Begriff der<br />

Arbeitsinstrumente nicht auf stoffliche Elemente wie Tinte, Schreibtisch,<br />

Studio- und Sendeapparatur, sondern verstehen darunter auch<br />

das sprachliche Material eines Werks sowie die literarischen Verfahrungsweisen,<br />

die zur Behandlung dieses Materials bereitstehen.<br />

Gegenstand der Analyse sind im folgenden, dem speziellen Erkenntnisinteresse<br />

dieses Aufsatzes entsprechend, im wesentlichen solche<br />

immateriellen Faktoren. Diese überindividuellen, fixierten Bestandteile<br />

literarischer Arbeit sind allerdings dann als Teil der Arbeitskraft<br />

anzusehen, wenn sie schon vor dem eigentlichen Arbeitsgang<br />

im Produzenten als Kenntnisse und Fertigkeiten inkorporiert sind:<br />

es zeigen sich hier Besonderheiten jeder hochqualifizierten geistigen<br />

Arbeit.<br />

Literarische Materialien dieser Art sind die Sprache, das in einzelnen<br />

Sprachprodukten an Resultaten Enthaltene ebenso wie die in<br />

Wortschatz und Syntax bereitstehenden Möglichkeiten, die einzelnen<br />

Sprachfiguren und Verbindungen bis hinauf zu den literarischen<br />

Gattungen. Oft mit dem Material verschränkt sind die literarischen<br />

Verfahrungsweisen oder Techniken: etwa Motivverknüpfung, Montage<br />

und Entwicklungsprinzip; verschiedene Erzählerstandpunkte;<br />

kausale, assoziative, aleatorische Konstruktion und dergleichen.<br />

45 Jürgen Harder, Zu Enzensbergers Medien-<strong>Theorie</strong>, in: kürbiskem<br />

3, 1971, S. 451.<br />

46 MEW Bd. 12, S. 3.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!