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Das Argument 72 - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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366 Besprechungen<br />

antizipierenden und „noch unerprobte Anschauungs- und Verhaltensmodelle"<br />

imaginierenden (188) Literatur erweitert wird. Jauß'<br />

Ablehnung jeder Abbildtheorie bleibt bei der Alternative eines Wiedererkennens<br />

„schon anderweitig bekannter . . . Wirklichkeit" (162)<br />

und einem im Widerspruch zur Hervorhebung der gesellschaftlichen<br />

Wirkung recht leer und richtungslos bleibenden Programm der „Bewußtseinserweiterung"<br />

durch autogenes Training mit literarischen<br />

Hilfsmitteln. Daß Literatur auch als bloßer Ausdruck von Realität<br />

doch Bewußtwerden über sie bedeuten und antizipativ ebenfalls nur<br />

als Ausdruck ökonomischer fundierter Gesellschaftstendenzen sein<br />

kann, geht aus Jauß' Darstellung nicht hervor. Gänzlich intransigent<br />

dürfte er solchen Thesen freilich nicht gegenüberstehen; an manchen<br />

Stellen scheinen sie weniger strukturell ausgeschlossen als vielmehr<br />

bloß nomenklatorisch verflüchtigt. Daß sein Programm einer neuen<br />

Literaturgeschichte aber unter der Flagge „Rezeptions- statt Produktionsästhetik",<br />

als bequemes Sofa zwischen den Stühlen einer politisch<br />

kompromittierten bzw. unbrauchbar gewordenen und einer<br />

historisch-materialistischen Literaturwissenschaft, schulbildend werden<br />

könnte, nötigte zur Dominanz <strong>kritische</strong>r Überlegungen.<br />

Bernd Jürgen Warneken (Tübingen)<br />

Soziologie<br />

Niepold, Wulf: S p r a c h e u n d s o z i a l e S c h i c h t . Verlag<br />

Volker Spiess, Berlin 1970 (78 S., br., 9,80 DM).<br />

Der Sputnikschock, also letztlich die Systemkonkurrenz zwischen<br />

kapitalistischen und sozialistischen Staaten, sowie die Notwendigkeit<br />

die Produktivkraft Arbeit zum Zweck der Mehrwertproduktion in<br />

höherem Maße zu qualifizieren, lenkte das „öffentliche Interesse" in<br />

den hochindustrialisierten kapitalistischen Staaten Ende der fünfziger<br />

Jahre auch auf die sogenannten Begabtenreserven, oder wie<br />

Basil Bernstein es formulierte: auf „die Frage, wie das intellektuelle<br />

Potential der Bevölkerung in optimaler Weise genutzt werden kann";<br />

spätestens seit durch den Mauerbau der Zustrom von qualifizierten<br />

Arbeitskräften aus der DDR gestoppt wurde, ist diese Problematik<br />

auch in der BRD Thema wissenschaftlicher Diskussion geworden.<br />

Angeregt durch erste Hypothesen und empirische Untersuchungen<br />

des englischen Sozialdemokraten Basil Bernstein wurde in diesem<br />

Kontext seit 1958 auch der Zusammenhang von Sozialstatus und<br />

Sprachverhalten untersucht. Über den Stand dieser Forschungen<br />

sucht der Bericht Wulf Niepolds kurz zu orientieren: „Aus diesem<br />

Problembereich werden hier die seit 1958 fast ausschließlich in Großbritannien<br />

und der Bundesrepublik entstandenen Arbeiten über<br />

Sprache und soziale Schicht dargestellt mit dem Ziel, in die Problematik<br />

der schichtenspezifischen Sprache einzuführen, den neuesten

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