Das Argument 72 - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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Romanistik und Anti-Kommunismus 285<br />
gegen den Nationalsozialismus auszugeben beliebte, kommt <strong>für</strong> ihn<br />
ausschließlich von links, noch genauer von Sozialismus und Kommunismus<br />
und noch genauer: von den jüdischen Vertretern des Sozialismus.<br />
Wenn er als „Frontkämpfer"-Ideologe an den Nazis, den<br />
„Schwärmern", der „rechtsrevolutionären Jugend" Kritik übt, wobei<br />
er sich vor allem an den Intellektuellen-Kreis der „Tat" wendet,<br />
dann weil er ihnen vorwirft, daß sie mit ihrer Polemik gegen die<br />
„Bildung" (natürlich ohne sich dessen bewußt zu sein) kommunistische<br />
Politik, so wie Curtius sie sich vorstellt, machen: „ . . . diese<br />
Geistesgegner sind nicht Pöbelhorden, sondern . . . Intellektuelle 41 ."<br />
Gegen die Nazi-Barbaren stellt er den Nazi-Mythos vom „Kulturbolschewismus"<br />
42 : „Daß der Kommunismus keinen Raum <strong>für</strong> die<br />
Pflege unseres Kulturerbes hat", behauptet er, „ist selbstverständlich"<br />
43 , und was selbstverständlich ist, braucht nicht weiter begründet<br />
zu werden. Wichtig allein ist, die eigene nationale Gesinnung<br />
unter Beweis zu stellen: es wird Zeit, schreibt der romanistische<br />
Widerstandskämpfer ein Jahr vor dem Beginn der Nazi-Herrschaft,<br />
daß die herrschenden Parteien im Verfolg der nationalen Besinnung<br />
abgelöst werden, denn in ihnen ist niemand, „der das innere Recht [!]<br />
hätte, im Namen der deutschen Bildung zu sprechen. Die Sozialdemokratie<br />
kann es, ihrer Herkunft gemäß, schwer tun. Immerhin<br />
nimmt sie seit neuestem Hegel <strong>für</strong> sich in Anspruch, obwohl dieser<br />
Anspruch, wie Sombart nachgewiesen hat, völlig unbegründet ist 44 ".<br />
Da Curtius aber kein Risiko eingehen will, versäumt er es nicht, sich<br />
schnell noch gegenüber eventuellen Nationalsozialisten abzusichern:<br />
„Für den Sozialismus brauchte das an sich nicht zu gelten. Doch ist<br />
hier die Lage noch [!] ungeklärt, um nicht zu sagen: heillos und<br />
trostlos 45 ."<br />
Auf dem Hintergrund des rechts-nationalen Gesinnungsnachweises<br />
erlaubt Curtius sich dann, verschiedene Begriffe der Nazis einer<br />
aparten Kritik zu unterziehen. Dem Nazi-Ideologem von der „westlichen<br />
Dekadenz" tritt er mit dem Hinweis auf das germanische Blut<br />
in Italien und Frankreich entgegen: „In all diesen Ländern, die doch<br />
ausnahmslos, wenn auch in verschiedener Dosierung, starke Zuströme<br />
germanischen Blutes in ihrer Geschichte empfingen, umfaßt<br />
das nationale Bildungsideal mit selbstverständlicher Sicherheit die<br />
antike und die eigene nationale Tradition 46 ." Den Begriff der „Bewegung"<br />
haben die Nazi-,,Schwärmer", wie Sombart ebenfalls und<br />
einmal mehr bereits bewiesen hat, von Bernstein, der gesagt hat:<br />
,,daé Endziel ist nichts, die Bewegung ist alles" 47 , und überhaupt<br />
haben die „rechtsrevolutionären Kreise unserer Jugend" sich nur<br />
41 Nation oder Revolution? in: Deutscher Geist in Gefahr, ed. cit., 43.<br />
42 Cf. Hildegard Brenner, Die Kunstpolitik des Nationalsozialismus,<br />
rde 167/168, Hamburg 1963, 11 ff.<br />
43 Nation oder Revolution?, ed. cit., 34.<br />
44 Ib. 35—36.<br />
45 Ib. 34.<br />
46 Büdungsabbau und Kulturhaß, ed. cit., 30.<br />
47 Nation oder Revolution?, ed. cit., 38.