Gönnert, G., Graßl, H., Kelletat, D., Kunz, H., Probst, B., von Storch, H ...
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GÖNNERT, G./ GRASSL, H./ KELLETAT, D./ KUNZ, H. / PROBST, B./ VON STORCH, H. / SÜNDERMANN, J.<br />
"Klimaänderung und Küstenschutz"<br />
Als Folge der Katastrophensturmfluten in den Niederlanden und in Deutschland in den Jahren 1953,<br />
1962 und 1976 wurde die ursprünglich auf Erfahrungswerten basierende Bemessung <strong>von</strong> Seedeichen<br />
auf eine deterministische Bemessung umgestellt. Grundlage für die deterministische Bemessung sind<br />
die Festlegungen in den entsprechenden Gesetzen der Bundesländer:<br />
Niedersachsen: Die Höhe der Hauptdeiche ist nach dem zu erwartenden<br />
höchsten Tidehochwasser (maßgebender Sturmflutwasserstand) ... zu bestimmen.<br />
Hierbei ist der örtliche Wellenauflauf zu berücksichtigen (Niedersächsisches<br />
Deichgesetz §4).<br />
Schleswig-Holstein: Die oberste Küstenschutzbehörde bestimmt abschnittsweise<br />
die Sollabmessungen (Bestick) (1) für Landesschutzdeiche, entsprechend<br />
dem maßgebenden Wasserstand, der maßgebenden Wellenauflaufhöhe<br />
und einem Sicherheitsmaß (Landeswassergesetz Schleswig-Holstein §65 (2)).<br />
Durch diese Gesetze fiel dem Wellenauflauf neben dem maßgebenden Sturmflutwasserstand eine<br />
wichtige Rolle bei der Seedeichbemessung zu. Es verwundert somit nicht, dass sich zahlreiche experimentelle<br />
Untersuchungen und Naturmessungen mit der Ermittlung der Wellenauflaufhöhe beschäftigten<br />
(z.B. Führböter, 1991; Niemeyer et al., 1995). Ziel dieser Untersuchungen war es, die Wellenauflaufhöhe<br />
festzulegen, die nur noch <strong>von</strong> 2% bzw. 3% aller auf den Deich zulaufenden Wellen überschritten<br />
wird. Aufgrund der zahlreichen Einflussfaktoren auf die Deichbemessung waren nicht nur<br />
die Parameter Wellenhöhe, Wellenperiode und Deichneigung Gegenstand intensiver Untersuchungen,<br />
sondern auch der Einfluss der Böschungsrauheit (Schulz, 1992), der Wellenangriffsrichtung (Möller et<br />
al., 2001) und des Bermeneinflusses (Ohle et al., 2003). Zeitgleich wurden in den Niederlanden ähnliche<br />
Untersuchungen zum Wellenauflauf durchgeführt, die z.B. <strong>von</strong> Van der Meer et al. (1998) bzw.<br />
Van Gent (2002) umfassend beschrieben wurden. Aufgrund der Festlegung einer Wellenauflaufhöhe<br />
mit einer 2% bzw. 3% Überlaufwahrscheinlichkeit als Bemessungswert wurden bereits 1981 <strong>von</strong> Tautenhain<br />
erste Untersuchungen zum Wellenüberlauf mit dem Ziel der Ermittlung einer mittleren Wellenüberlaufrate<br />
durchgeführt. Weitere Untersuchungen zum Wellenüberlauf an Seedeichen wurden<br />
später überwiegend durch Van der Meer (1998) für niederländische Seedeiche mit etwas steilerer Außenböschung<br />
als in Deutschland veröffentlicht. In den EAK (2002) wurden die relevanten Untersuchungen<br />
zu Wellenauflaufhöhen und Wellenüberlaufraten als Grundlage für eine deterministische<br />
Bemessung <strong>von</strong> Seedeichen zusammengestellt.<br />
In den letzten Jahren hat ein Umdenken bei den Forschungsschwerpunkten zum Thema Deichbemessung<br />
begonnen. Angesichts der Unsicherheiten bei der Vorhersage der regionalen Folgen <strong>von</strong> Klimaänderungen<br />
sowie aufgrund der Stochastik der vielfältigen Einflussfaktoren und deren Wechselwirkungen<br />
wird es bei allem Fortschritt auch in der Zukunft keine sicheren Prognosen und keine absolute<br />
Sicherheit gegen Sturmfluten geben. Auch wenn es gelingt, die für die Bemessung relevanten extremen<br />
Sturmflutwasserstände besser zu erfassen, so wird es niemals auszuschließen sein, dass diese<br />
Bemessungsereignisse innerhalb der Lebensdauer des Bauwerkes überschritten werden. Damit ist die<br />
Frage nach der höchsten Sturmflut und ausreichender Kronenhöhe nicht mehr so relevant gegenüber<br />
der Frage nach dem Bau <strong>von</strong> Schutzwerken, die gegen Wellenbelastung bruchsicher sind. Das heißt,<br />
die Gewährleistung einer schadlosen Abführung des auf- und überlaufenden Wassers wird zur prioritären<br />
Aufgabe bei der Planung neuer und der Sicherung bestehender Seedeiche. Um jedoch die Erosionsgefährdung<br />
und Infiltrationsgefährdung der Deichböschungen durch Wellenauflauf und Wellenüberlauf<br />
abschätzen und Gegenmaßnahmen planen und optimieren zu können, reicht die Kenntnis der<br />
mittleren Wellenüberlaufraten und <strong>von</strong> Wellenauflaufhöhen mit vorgegebener Überschreitungswahrscheinlichkeit,<br />
wie sie durch die bisherigen Berechnungsansätze in den EAK (2002) bestimmt werden,<br />
nicht aus. Vielmehr sind weitere Strömungsgrößen wie die Geschwindigkeiten und die Schichtdicken<br />
des Auf- und Überlaufschwalls erforderlich, um die maßgebenden Versagensformen und<br />
-mechanismen beschreiben und prognostizieren zu können.<br />
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