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Katalog 67 Fertig.qxp - Musikantiquariat Dr. Ulrich Drüner

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- 35 -<br />

C) Neueres, mindestens ebenso Wichtiges<br />

Die erste Theorie der atonalen Musik<br />

48. HAUER, Josef Matthias (1883–1959). Vom Wesen des Musikalischen. Leipzig/Wien,<br />

Waldheim-Eberle, 1920. 66 S., 3 unpag. Bll. mit drei Tafeln, 8vo. OBrosch. mit der originalen<br />

Werbebanderole (als Blickfang mit der Aufschrift in großen Lettern: Das erste theoretische<br />

Werk über die atonale Musik in Europa mit einer Tafel und Notenbeispielen im<br />

Text). Allgemein deutliche Alterungsspuren (gebräuntes Papier, kleinere Schäden am<br />

Papierumschlag). Auf der Haupttitelseite (unten) getilgter Besitzvermerk (dadurch verursachter<br />

Blattschaden mit Papierstreifen hinterlegt). € 250,—<br />

Erstausgabe. – Noch vor Schönberg hatte Hauer 1919 die Zwölftontechnik (allerdings in<br />

einer eigenen Ausprägung) entwickelt. Als zusammenhängende Theorie ist sie in der vorliegenden<br />

Schrift veröffentlicht, die somit als frühestes Lehrwerk dieser Stilrichtung zu gelten<br />

hat. Hauer stellt hier auch seine neue Notation vor (acht, in ihrer Struktur an den Tasten des<br />

Klaviers orientierte Linien), um die unzähligen, bei atonaler Musik notwendigen<br />

Akzidentien zu vermeiden. – Hauer geht hier ganz selbstverständlich vom Ende der traditionellen<br />

Musik aus; er erklärt zur atonalen Melodie, dass sie „dem heutigen Musikschaffen<br />

als Formprinzip zugrunde liegt“, und dass sie die „alten ‚Auflösungen’ und<br />

‚Fortschreitungen’ in die <strong>Dr</strong>eiklänge vollständig“ ignoriert. Für sie „gelten die Gesetze der<br />

Konsonanz und Dissonanz [...] nicht mehr; sie schafft sich ihre Spannungs- und<br />

Entspannungspunkte ganz von selbst, aus sich heraus und unabhängig von den physikalisch<br />

physiologischen (‚natürlichen’) Verhältnissen der Obertonreihe...“ Die Schlussfolgerung ist<br />

ebenso konsequent, wie in ihrer Aussagekraft ambivalent: „Die atonale Melodie ist gewiß<br />

von der ‚Natur’ weit entfernt, dafür aber, wenn sie echt ist, etwas rein Geistiges,<br />

Musikalisches – die ‚Melodie’ kat exochen.“ Zu ihrem Vortrag seien allerdings Instrumente<br />

mit temperierter Stimmung (also Klavier oder Harmonium) geeignet. Verblüffend ist eine<br />

hier neu formulierte, mit Farbassoziationen und Goethe-Zitaten verknüpfte Qualifizierung<br />

der Tonarten, wonach beispielsweise Fis-Dur als „prometheischer Ton; komplementär zu C“<br />

oder G-Dur als „Biedermeierton“ charakterisiert wird. Auf der letzten der angehängten<br />

Tafeln ist dies in der Form eines Farbkreises nochmals übersichtlich dargestellt, wobei<br />

durchaus traditionelle Vorstellungen zum Tragen kommen, wenn die Eigenschaften für C<br />

mit „Sieg, rein, olympisch, jungfräulich, glänzend, festlich“ umschrieben sind.<br />

Pfitzners Rundumschläge gegen die Moderne<br />

49. PFITZNER, Hans (1869–1949). Futuristengefahr. Bei Gelegenheit von Busoni’s Ästhetik.<br />

Leipzig-München, Süddeutsche Monatshefte, 1917. 48 S., klein 8vo. OBroschur m.<br />

Altersspuren, gelockert. teils gelöst, doch insgesamt gut erhalten. € 160,—<br />

Erstausgabe. – Die erste von Pfitzners immer aggressiver werdenden konservativen<br />

Streitschriften, die hier gegen Busonis Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst gerichtet<br />

ist und der 1920 Die neue Ästhetik der musikalischen Impotenz (s. Kat.-Nr. 12) sowie 1940<br />

Über musikalische Inspiration (s. Kat.-Nr. 139) folgten – erstere eine Abrechnung mit Paul<br />

Bekker, die zweite mit Julius Bahle. – Pfitzner versäumte kaum eine Gelegenheit zur heftigen<br />

Auseinandersetzung mit seinen Kontrahenten (oder denen, die er dafür hielt), und so<br />

erklärt er zu Beginn ganz unschuldig: „Es ist mir selbst nicht leicht, herauszufinden, weshalb<br />

ich mich überhaupt dazu äußern will.“ Doch rasch gesteht er ein, „daß ich mit dem<br />

Inhalt des Busonischen Schriftchens nicht sympathisiere“. Dessen geforderte Abkehr von

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