Katalog 67 Fertig.qxp - Musikantiquariat Dr. Ulrich Drüner
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Abbildung 3: Die geänderte Seitenzahl zeigt, dass Bach sein inhaltliches Konzept<br />
noch während der <strong>Dr</strong>uckherstellung revidierte<br />
schon lange vor Kinsky wurde die Bedeutung der Orgelsammlung des 3. Teils der Clavier<br />
Übung hervorgehoben; sie enthalte „die meisten und bedeutsamsten Choralbearbeitungen<br />
für Orgel, die Bach in seiner letzten Lebensperiode schuf“ (Ph. Spitta); sie bilde „eine kunstvoll<br />
dogmatische Einheit, denn aus einem Kyrie- und Gloria-Choral, zwölf<br />
Katechismusliedern und einem Beichtlied wird ein ganzes evangelisches Hochamt zusammengesetzt“<br />
(H. J. Moser). Doch die größte Bewunderung zollen die Autoren dem die<br />
Sammlung umrahmenden Werk, dem großen Praeludium pro Organo pleno Es-Dur (S. 1-<br />
10), dem als Fortsetzung am Schluss des Bandes (S. 71-77) die Fuga â 5. con pedale. pro<br />
Organo pleno zugehört (BWV 552). Zusammen bilden sie „eines der größten freien<br />
Orgelwerke Bachs überhaupt“ (Werner Breig) und gehören auch zu seinen bekanntesten.<br />
Neben all diesen schwergewichtigen Stücken entsprechen der Intention des Titels, der<br />
„Gemüths-Ergezung“, so recht die vor die Schlussfuge plazierten vier Duetti (S. 63-70;<br />
BWV 802-805). Doch Kern der Sammlung sind die 21 Orgelchoräle, mit denen, wie Werner<br />
Breig vermutet, sich Bach gegen die 1737 geäußerte Kritik Johann Adolf Scheibes an seinem<br />
Kompositionsstil zur Wehr setzt – mit Erfolg, wie Lorenz Mizlers Reaktion bald zeigt:<br />
Die Sammlung sei, so Mizler, „eine kräfftige Widerlegung derer, die sich unterstanden des<br />
Herrn Hof Compositeurs Compositionen zu critisiren“.<br />
Bereits Kinsky fiel die ungewöhnliche Struktur des Musikstichs der Sammlung auf. Ernst<br />
Hilgenfeldt hatte schon 1850 die Behauptung aufgestellt, die Sammlung sei „von Bach<br />
selbst und seinen Söhnen in Kupfer gestochen“ worden, eine Vermutung, die Kinsky hinsichtlich<br />
der Bach-Söhne aus biographischen Gründen verwirft. Doch nimmt er an, dass<br />
„wenigstens das Anfangsstück des dritten Teils der Klavierübung offenbar von Bach selbst<br />
gestochen ist“ (S. 43). Ganz richtig bemerkt er: „Schon die erste Notenseite fällt durch ihre<br />
große Ähnlichkeit mit der markigen Notenschrift des Meisters auf und erweckt fast den<br />
Eindruck einer Nachbildung seiner Handschrift.“ Ab Seite 11 sieht Kinsky zwei andere<br />
Stecher am Werk; er bezeichnet sie mit II und III und ordnet ihnen präzise aufgrund typographischer<br />
Merkmale die restlichen Seiten zu.