Katalog 67 Fertig.qxp - Musikantiquariat Dr. Ulrich Drüner
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Abbildung 4: Die nach Ostern 1739 gestochenen Teile der Sammlung stammen von dem<br />
Nürnberger Verleger Balthasar Schmid, der die europaweit übliche Technik des spiegelbildlichen<br />
Direktstichs verwendete. Deshalb fehlen seinem Stichbild die Charakteristika von Bachs Schrift.<br />
Heute hat sich das Bild grundlegend geändert aufgrund intensiver Forschungen, die allerdings<br />
erst in den letzten Jahrzehnten geleistet worden sind. Der amerikanische Bach-<br />
Forscher Gregory G. Butler entdeckte Ende der 1970er Jahre die Ähnlichkeit des Stichbildes<br />
des <strong>Dr</strong>itten Theils der Clavier Übung mit Teilen der berühmten Sammlung Singende Muse<br />
an der Pleisse des Sperontes (Johann Sigismund Scholze, 1705-1750), deren erster Teil<br />
1736 in Leipzig erschienen war. Einer der daran beteiligten Stecher war Johann Gottfried<br />
Krügner (ca. 1684-1769), dessen Stichweise aus anderen signierten Musikdrucken bekannt<br />
ist. Krügners Haupttätigkeiten waren Stich und Radierung (z. B. der berühmte Stich der<br />
Leipziger Thomaskirche), bei denen die gezeichnete Vorlage auf die Metallplatte gepaust<br />
wurde. Dazu tränkte man das Papierblatt der Vorlage in Öl, sodass es durchsichtig wurde;<br />
dadurch konnte man die Zeichnung seitenverkehrt auf die Platte pausen und diese sodann<br />
ätzen. Allerdings wurde dadurch die Originalzeichnung zur Makulatur. Indem Krügner dieses<br />
Verfahren für Bachs Musik anwandte, zerstörte er zwar die dafür speziell nur einseitig<br />
beschriebenen Blätter (was erklärt, warum es für Klavierübung III keine autographen<br />
Quellen gibt), entwickelte damit aber eine Technik des musikalischen Faksimile-<strong>Dr</strong>ucks<br />
avant la lettre, und dank seiner überaus genauen Arbeitsweise blicken wir gerade aus diesem<br />
Grund in vielen Teilen unseres <strong>Dr</strong>uckes quasi auf Bachs verlorene Eigenschrift.<br />
Warum nur in Teilen? Bach, der Künstler, nicht der Planer, ging an den <strong>Dr</strong>uck von Klavier<br />
Übung III, ohne sogleich die Endgestalt der Sammlung vor Augen zu haben. So kommt es,<br />
dass die Arbeit Krügners und seiner Werkstatt sich auf 41 Platten nachweisen lässt, wobei<br />
außer dem Werkstattchef (in der Literatur: „Krügner 1“) wohl auch dessen zweite Ehefrau<br />
Rosine Dorothee („Krügner 2“) und Krügners Sohn aus erster Ehe, Johann Gottfried d. J.<br />
(„Krügner 3“) beteiligt waren. Die restlichen 30 Platten sowie das Titelblatt werden dem<br />
Nürnberger Stecher Balthasar Schmid zugewiesen.