28.08.2013 Aufrufe

Bestandsaufnahme und Bedarfsanalyse - Berliner Beirat für ...

Bestandsaufnahme und Bedarfsanalyse - Berliner Beirat für ...

Bestandsaufnahme und Bedarfsanalyse - Berliner Beirat für ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

8<br />

Einleitung <strong>und</strong> Vorwort<br />

Auswirkungen von Armut 1 <strong>und</strong> ökonomischer Deprivation auf die Sozialisationserfahrun-<br />

gen <strong>und</strong> Entwicklungschancen der nachwachsenden Generation bzw. Ursachen familien-<br />

bedingter Einkommensarmut sind „klassische“ Themen der Sozialisationsforschung 2 .<br />

Werden die Lebensverhältnisse in der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland betrachtet, so haben<br />

sich die sozioökonomischen Unterschiede in der jüngeren Vergangenheit durch den struk-<br />

turellen Wandel auf dem Arbeitsmarkt, die wirtschaftlichen Transformationsprozesse im<br />

Zuge der deutschen Vereinigung <strong>und</strong> die Einführung einer neuen Sozialgesetzgebung<br />

(insbesondere SGB II <strong>und</strong> SGB III) seit 2005 verschärft.<br />

Besonders Großstädte <strong>und</strong> ihre sozial schwachen Zentren sind davon erheblich betroffen.<br />

In Berlin waren Ende des Jahres 2008 knapp 600.000 Einwohner auf Leistungen nach<br />

dem SGB II („Hartz IV“) angewiesen, d. h. 17,3% aller <strong>Berliner</strong> bezogen diese Transfer-<br />

leistungen, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können. Als sogenannte „nichter-<br />

werbsfähige Hilfebedürftige“ betraf dies sogar mehr als ein Drittel aller unter 15-jährigen<br />

Kinder <strong>und</strong> Jugendlichen in der Stadt. Die Zeiten, in denen nur Menschen aus sozialen<br />

Randgruppen, sogenannte „Unterschichten“, von Armut bedroht waren, gehören längst<br />

der Vergangenheit an. Immer stärker betrifft es auch Mittelschichten, zumindest zeitweise.<br />

Die Gesellschaft polarisiert sich zunehmend stärker nach dem Einkommen, Verteilungs-<br />

gerechtigkeit hat in Deutschland abgenommen.<br />

Sichtbar wird diese soziale Spaltung besonders bei kleinräumiger regionaler Betrachtung<br />

in den Städten <strong>und</strong> so auch in Berlin. Es manifestieren sich Areale mit überproportional<br />

hohen Anteilen an sozial benachteiligten Bevölkerungsgruppen wie Arbeitsmigranten,<br />

Arbeitslosengeld I- <strong>und</strong> „Hartz IV“-Empfängern. Die von Armut bzw. Armutsgefährdung<br />

betroffenen Personengruppen konzentrieren sich in bestimmten, räumlich abgrenzbaren<br />

Problemgebieten der Städte. Es betrifft insbesondere Familien mit Migrationshintergr<strong>und</strong>,<br />

1 In der Armutsforschung gibt es zwei prominente Denkschulen <strong>und</strong> Ansätze: den Ressourcenansatz, der in<br />

der vorliegenden IFAD-Studie zur Anwendung kam <strong>und</strong> mit dem relative Armut (vor allem Einkommensarmut)<br />

statistisch gemessen <strong>und</strong> darstellbar gemacht werden kann, <strong>und</strong> den Lebenslagenansatz. Der Ressourcenansatz<br />

bemisst Armut z. B. anhand von Armutsgefährdungsquoten <strong>und</strong> –schwellen <strong>und</strong> weist die Verfügung<br />

von Personen über materielle Ressourcen, wie Geld, Wohnraum usw. aus. Diese Größen werden über<br />

die amtliche Sozialberichterstattung des B<strong>und</strong>es <strong>und</strong> der Länder regionalspezifisch aufbereitet <strong>und</strong> der Öffentlichkeit<br />

zur Verfügung gestellt. Sie ermöglichen dementsprechende Vergleiche <strong>und</strong> konkrete politische<br />

Handlungsableitungen. In diesem Sinne handelt es sich um politisch relativ einfach operationalisierbare statistische<br />

Daten. Der Lebenslagenansatz (bzw. „weite“ Armutsbegriff) betont hingegen die Wichtigkeit von sozialer<br />

<strong>und</strong> kultureller Teilhabe, z. B. der Teilhabe an Bildungschancen, die Möglichkeit, Kunst zu genießen, Bücher<br />

zu lesen, sich kommunikativ mit Menschen verschiedener sozialer <strong>und</strong> ethnischer Herkunft austauschen<br />

zu können, an politischen <strong>und</strong> sozio-kulturellen Prozessen aktiv teilzunehmen u. a. m. Diese beiden Denkansätze<br />

verwenden also unterschiedliche Indikatoren, um das Phänomen Armut zu operationalisieren. Eine<br />

umfassende Anwendung des Lebenslagenansatzes hätte den Rahmen der vorgelegten IFAD-Studie gesprengt<br />

2 Vgl. dazu z. B.: Walper, S.: Sozialisation in Armut. In: Handbuch Sozialisationsforschung, Hrsg.: Klaus<br />

Hurrellmann bzw. Träger, J.: Familienarmut: Ursachen <strong>und</strong> Gegenstrategien. In: Das Parlament, Beilage: Aus<br />

Politik <strong>und</strong> Zeitgeschichte, Nr. 17/2009 vom 20.04.2009.<br />

I/F/A/D/B/E/R/L/I/N

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!