Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Ailindir ließ sich am Ranfengeftecht der Leiter hinunter ins Wasser gleiten,<br />
lauschte auf jedes Geräusch. Bevor sie tauchte <strong>und</strong> sich dem Wasser<br />
anvertraute, drangen laute Stimmen an ihr Ohr, die ihr durch Mark, <strong>und</strong><br />
Bein fuhren, die von fcygra sprachen, von 7,er'ra, einem Feind, der die<br />
Vernichtung bringen will, in dessen Stimme Zorn <strong>und</strong> Hass ist.<br />
Am Erlenstamm zog sie ihre Stiefel an, nahm ihre Habseligl{eiten auf<br />
<strong>und</strong> zog eine Sehne auf den Bogen. Es war nicht schwer zu ernennen,<br />
welchen Weg die fliehenden talari gewählt hatten, das Schilf zeigte die<br />
Spuren, die ihre Eile <strong>und</strong> ihre ungeschickten Bewegungen hinterlassen<br />
hatten.<br />
Die Verfolger gönnte Ailindir als Unruhe im Schilf ernennen, nicht weit<br />
von der alten Weide entfernt. Ohne die Bewegungen aus den Augen zu<br />
lassen, strich sie mit den Händen durchs Schilf lochte mit einem geflüsterten<br />
val'ya na'bi<strong>und</strong>a <strong>und</strong> einem Hauch über die Halme Nebelschu/aden<br />
hervor. Während diese sich ausbreiteten, langsam übers Wasser /(rochen<br />
<strong>und</strong> die alte Weide <strong>und</strong> dann die Pfahlbauten erreichten, folgte<br />
Ailindir den fliehenden talari auf deren deutlicher Spur, die am Rand<br />
des Sees entlang führte.<br />
Ailindir wusste, dass die vierbeinigen Jäger die Spuren ihrer Beute trotz<br />
desNebels finden würden. Sie hatte solche Wesen schon gescheit, die bellten<br />
<strong>und</strong> jaulten, bis sich ihre Stimmen überschlugen, <strong>und</strong> die von telora<br />
an kiirzcn Seilen angeb<strong>und</strong>en wurden. Sie ähnelten largra, Wölfen, aber<br />
sie bissen, hetzten <strong>und</strong> geiferten, als seien sie tollwütig.<br />
Ailindir beschleunigte ihre Schritte, bis sie den Fliehenden ganz nah war.<br />
Die verletzte tala stolperte, wurde von dem Schwarzbärtigen, der sie stützte,<br />
weitergezogen. Furcht brachte ihn dazu, sich nach den Verfolgern umzuwenden<br />
— <strong>und</strong>seine Augen trafen die ihren. Sie waren /{lein <strong>und</strong> dunkel,<br />
fast wirkten sie wie erloschen, denn kein <strong>Licht</strong> war in ihnen wie in<br />
den Augen eines fey. Er starrte sie an, verharrte gebannt in seiner Bewegung,<br />
als hätte er nicht längst wissen müssen, dass sie da war.<br />
Dann hörte sie das Hecheln der badoc'largrä* herankommen, erspurte<br />
ihre Bewegung im Schilf, ließ einen Pfeil auf die Sehne gleiten, spannte<br />
den Bogen <strong>und</strong> wartete nur einen halben Herzschlag lang, bis sie ihn<br />
fahren ließ. Ein Aufjaulen R<strong>und</strong>ete davon, dass sie das Wesen getroffen<br />
hatte, das sie noch immer nicht sehen gönnte. Doch schon war der zweite<br />
heran <strong>und</strong> hatte die verletzte tala fast erreicht, die nun zurückstolperte<br />
<strong>und</strong> dabei hinstürzte.<br />
Bevor Ailindir darüber nachdenken konnte, hatte sie schon ein wildes,<br />
zorniges fial minima dao'ka gefaucht. Wie von einem zweiten, unsichtbaren<br />
Pfeil wurde der badoc'largra im Sprung getroffen, mit dem er auf<br />
die Kehle der am Boden liegenden tala gezielt halte.<br />
Der magere tala war nun mit einem Messer herangeeilt <strong>und</strong> schnitt dem<br />
von der Wucht des thar'mandra zu Boden geschleuderten Tier die Kehle<br />
durch. Der Schwarzbärtige aber starrte noch immer Ailindir an •- Überraschung,<br />
Furcht <strong>und</strong> eine fragende Unsicherheit waren in seiner Haltung<br />
zu erahnen. Ihr Blicl{fiel auf ein kunstvoll geschnitztes Amulett<br />
aus mammuton in Gestalt einer Wildgans, das er um den Hals trug <strong>und</strong><br />
das in einem merkwürdigen Kontrast zu seiner derben Lederkleidung<br />
stand.<br />
Für einen Augenblick schienen die talari <strong>und</strong> sie selbst den Atem anzuhalten,<br />
die drohende Gefahr <strong>und</strong> die Furcht vor den Verfolgern, zu vergessen.<br />
Dann trat A ilindir an ihnen vorbei, deutete in Richtung des Südrandes<br />
des Sees, hinter dem irgendwo der l(alte Fluss fris'y<strong>und</strong>a lag, der<br />
den großen alavi-See durchquerte, <strong>und</strong> sagte "ai'ma", folgt mir'. Ihre<br />
Augen hatten bereits einen kaum sichtbaren Pfad im Schilf ausgemacht,<br />
der sie fortführen sollte von den tdora'fcygra, während sich um sie her<br />
Nebelschwaden sammelten. Ailindir blickte nicht zurück^ auf das, was<br />
hinter ihr im Nebel verborgen lag, nicht auf den See-wo-Silberreiherschlafen,<br />
nicht auf die alte Weide <strong>und</strong> nicht auf die Pfahlbauten, die ihre<br />
Heimat gewesen waren.