Hochgesangs Wandlungen des Dichtstils - Leben und Werk des ...

20 Die Sprache
In anderen Fällen bildet Eschenburg die Shakespearesche
Verwandlung zurück zu einem Vergleich:
Sh. Ii VI 18. for those of old,
And the late dignities heap'd up to them,
We rest your hermits.
E. Es bleibt uns nichts übrig, als für die alten Gnadenbezeugungen
sowohl, als die neuen, die über jene aufgehäuft
sind, inbrünstig, wie Einsiedler, für Euch zu beten.
Diese Erscheinung wiederholt sich in etwas anderer Fornt
öfter. Shakespeares Sprache fehlt der zeitlos ruhende
Charakter der vergleichenden Betrachtung. In ihrem dynamischen
Schwunge wird alles Geschichte und anschauliches
Sich-verwandeln. Was ist daher ein Vergleich Shakespeares
anderes als eine lebendige Verwandlung von Bild
zu Bild. Erst die Eschenburgsche Übersetzung stellt daratts
einen Vergleich her, indem sie die tiefenhafte Bewegung
von Shakespeares Sprache in der ruhenden Fläche rationaler
Gedanklichkeit spiegelt und so erst ein Vergleichen
ermöglicht. Daher tritt auch jetzt erst, was man bei Shakespeare
nur dunkel fühlt und miterlebt, das verknüpfende
Band von Bild und Bild, das Tertium der Comparation, klar
sichtbar und beherrschend ins Bewußtsein.
Sh. I/ll 25. As whence the sun 'gins his reflection
Shipwrecking storms and direful thunders
break,
So from that spring, whence comfort seent'd
to come
Discomfort swells.
E. Allein, gleich wie eben von daher, wo die
Sonne ihren glänzenden Lauf beginnt, schiffbrechende
Stürme und schreckliche Donnerwetter hervorbrechen, so
entspringt itzt aus eben der Quelle neue Gefahr, aus
welcher Hülfe zu kommen schien.
Eschenburg
2l
Der Rationalist zerlegt die Welt in ihre Glieder. Allen
Wandel bannt er in Typen und abstrakte Formeln. Das
Lebendige aber webt in der Zeit und ihrem unteilbaren
Strome, Der rationale Mensch bezeichnet die Zeit, aber er
empfindet sie nicht. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
sind ihm verschiedene Register, die er vertauscht, ohne sie
lebendig fließend ineinantler überzuführen. Dem über_
legenen Zeitgebrauch Shakespeares, seiner bewegten Dar_
stellung des Vergangenen und der Steigerung solcher Ver_
gangenheit zu einer neuen Gegenwärtigkeit steht Eschen_
burg hilflos gegenüber.
Sh. I/lll 89. The king hath happily received, Macbeth,
The news of thy success; and when he reads
Thy personal venture in the rebel's fight,
His wonders and his praises do contend
Which should be thine or his: silenced rvith
that
In viewing o'er the rest o'the selfsame day,
He finds thee in the stout Norweyan ranks,
Nothing afeard of what thyself didst make,
Strange images of death.
E. Der König hat, o Macbeth, die glückliche Nachricht
von deinen Siegen erhalten; und wenn er es liest, wie
rühmlich du ftir deine person dich bey der Verjagung der
Rebellen verhalten hast, dann känrpfen seine Bewunderung
und seine Lobsprüche unter einander, welche von
ihnen dir und welche ihm zu Theil werden sollen. So bald er
damit f ertig war, und die übrigen Nachrichten des nämlichen
Tages durchsah, f and er Oictr im Angriff der unbändigen
Norwegischen Scharen, unerschrocken vor den vielfachen
Gefahren des Todes, die du selbst veranlaßt hattest.
Wenn
,.
Shakespearein lebendiges Werden und Sichverwandeln
der Zeiten gibt, in Eschenburgs Fassung ist es
G.A. Bürger-Archiv
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