Hochgesangs Wandlungen des Dichtstils - Leben und Werk des ...
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48 Die SPrache<br />
B. Hahhh ! - Ist das ein Dolch da vor mir, der Griff<br />
gegen meine Hand? Her, daß ich dich packe! - Wie? -<br />
Nicht ?- Und doch seh ich dich immer ! Verdammter Spuk !<br />
Sh. II/l 44. Mine eyes are made the fools o'the other senses,<br />
Or else worth all the rest: I see thee still,<br />
And on thy blade and dudgeon gouts of blood,<br />
Which was not so before. -<br />
B. Entweder meine Augen oder die übrigen Sinne haben<br />
mich zum Narren. - Wie? - Immer <strong>und</strong> immer noch da?<br />
Sogar Blutsstropfen auf deiner Klinge? Die waren doch<br />
vorher nicht da!<br />
Nach den gegebenen Beispielen möcht es fast scheinen,<br />
als hätte der Sturm <strong>und</strong> Drang eine volle Öffnung in den<br />
unendlichen Strom der Zeit gesucht <strong>und</strong> über die Dämme<br />
eines rationalen zeitlosen Denkens nicht gef<strong>und</strong>en. Ist das<br />
richtig ?<br />
Was ist Zeit? Zeit nach klassischer Auffassung ist die<br />
geordnete Folge gemessener Zeitstrecken. Gegen solche gemessene<br />
Zeit muß der Sturm <strong>und</strong> Drang sich auflehnen.<br />
Denn gemessene Zeit ist leblos <strong>und</strong> seinem Wesen fremd.<br />
Daher der Kampf gegen den Zeitbegriff <strong>des</strong> französischen<br />
Klassizismus. Rontantische Zeit aber ist ein heimlicher, ungeteilter,<br />
nie rastender Strom, der alle Dinge durchzieht,<br />
um sie zu öffnen <strong>und</strong> sich selbst ztt entführen. Vor ihr ist<br />
alle Gegenwart nur Station eines Weges, auf dern sich Anfang<br />
<strong>und</strong> Ende einer unendlichen Erstreckung finden <strong>und</strong><br />
verknüpfen möchten. Der Sturm <strong>und</strong> Drang muß sich auch<br />
auflehnen gegen solche Zeit der endlosen Verflüchtigung.<br />
Denn nicht erst auf sehnsüchtiger Wanderung, im vollen<br />
Genusse der Gegenrvart, in der Größe eines intensiv gelebten<br />
Augenblicksucht der Stürrner die letzte Erfüllung<br />
seines Strebens zu finden. So ist ihm das <strong>Leben</strong> nicht eine<br />
Fr"rnktion der Zeit, er rnöchte vielmehr die Zeit zur Funktion<br />
Biirger<br />
seines <strong>Leben</strong>s tnachen, zum freien Spiel seiner überschwellenden<br />
Kräfte. Wenn Herder Shakespeares <strong>Werk</strong>e zurn<br />
ersten Male in ihrem zeitlichen Flusse erkennt, so hat Zeit<br />
für ihn jede Eigengesetzlichkeit verloren. Sie ist zum freien,<br />
rvillkiirlichen Ausdruck <strong>des</strong> <strong>Leben</strong>s, zur Hülse seiner Kraft<br />
geworden. Denn so heißt es einmal in den Blättern von<br />
deutscher Art <strong>und</strong> l(unst über Shal