Hochgesangs Wandlungen des Dichtstils - Leben und Werk des ...
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I l8<br />
Die Sprachc<br />
Dr-rlothea'fieck<br />
il9<br />
'f. lll;1. Du hast's rturt, l{önig, Cawdor, alles,<br />
Wie dir's die Zauberfraun versprachcn; Lurd ich<br />
fü rclte,<br />
Du spieltest schändlich drurnl).<br />
lst hier nicht solches Untertauchen in die Erinnerung,<br />
solches Hineinverwandeln<br />
die innere, seelische Zeitperspektive<br />
mit Händen zti greifen. ,,Und ich fürchte": Der<br />
Sprecher überlegt, er betrachtet Vergangenes räumlich,<br />
vom Standpunkt der Gegenwart. Man erwartet daher<br />
ein ,,du hast" etc. Aber nein, plötzlich ändert sich die<br />
Perspektive, nicht von außen, als Umriß, wird das Ver,<br />
gangene betrachtet, von innen her, als Weg <strong>und</strong> Entwicklung,<br />
als zeitlicher Verlauf wird es noch einrnal miterlebt:<br />
,,Und ich fürchte, du spieltest schändlich drum".<br />
Diese romantische Kraft zeithafter Auflockerung vollendeten<br />
Geschehens beschränkt sich nicht auf eigenes<br />
Erleben. Sie überspringt die Schranken der Individualität<br />
<strong>und</strong> steigt hinab in die Tiefen fremder Erinnerung. Sie<br />
führt zu zeitlicher Öffnung auch <strong>des</strong> nur Überlieferten, <strong>des</strong><br />
nur berichtweise Ernpfangenen.<br />
Sch. IIIVII.... <strong>und</strong> in der Luft will man<br />
Ein gräßlich Angstgeschrei vernontrren<br />
haben.<br />
T. II/ll. ... Und wie man sagt, erscholl<br />
Ein Wimnrern in der Luft, ein To<strong>des</strong>stöhnen<br />
Sch. II/VII.<br />
...mansagt,<br />
Die Erde habe fieberhaft gezittert.<br />
T. ll/ll. Man sagt, die Erde bebte fieberkrank.<br />
l) Schillers Fassung III/l: ich fiirchte sehr, du hast ein<br />
schändlich Spiel<br />
Darurm gespielt.<br />
Sclt. II/Xll. Ä{an sagt, daPr sie einander aufgefressen.<br />
T. Il/lll. Man sagt, daß sic einander fraßen.<br />
Sch. III/lX. Man hat Erfahrungcn, daß Steine sich<br />
Gerührt, daß Bäurne selbst geredet haben!<br />
't. lll/lV. Man sah, daß Fels sich regt', <strong>und</strong> Bäume<br />
sprachen.<br />
lmmer deutet in den zitierten Stellen die Verwendung<br />
<strong>des</strong> Imperfekts im abhängigen Satze bei Tieck auf ein<br />
Sichhineinversenken <strong>des</strong> Sprechenden in das Erlebnis <strong>des</strong><br />
anderen, der das zu Berichtende selbst erfahren <strong>und</strong> ernpf<strong>und</strong>en<br />
hat. Dabeist diese spezielle Erscheinung nur Ausstrahlung<br />
eines viel allgemeineren <strong>und</strong> wesenhaften Zuges<br />
im romantischen Charakter. Der romantische Mensch<br />
tritt nicht von außen an die Dinge heran, er taucht in sie<br />
ein kraft der inneren Gemeinsamkeit alles Seins <strong>und</strong> <strong>Leben</strong>s.<br />
So von innen her erlebt er den Menschen, d. h. er erlebt<br />
ihn nicht als Körper, sondern als Seele, als Weg <strong>und</strong> Oeschichte.<br />
So erlebt er die Natur, so erlebt er alles Geschehen,<br />
so auch das nur Vorgestellte, nur Gedachte.<br />
Immer ist es ein Öffnen von hemmenden, bedingenden,<br />
formenden Grenzen, ein Ineinanderströmen von <strong>Leben</strong> mit<br />
<strong>Leben</strong>, ein Einswerden alles Seienden als zeithaft fließen<strong>des</strong><br />
Werden <strong>und</strong> Vergehen.<br />
Wir nähern uns damit einer neuen Seite romantischer<br />
Sprache: Aufgabe <strong>und</strong> Bedeutung ihrer Metaphorik. ,,Der<br />
romantische Vergleich will nicht anschaulich machen <strong>und</strong><br />
nicht in den Raum entäußern, er macht vielmehr ja alle<br />
Sichtbarkeit erst selbst zum Gleichnis einer Welt, die<br />
niemals sichtbar werden kann. Er macht das Bild zum<br />
Sinnbild. Es weist nun über sich hinaus, ist nicht mehr<br />
selig in sich eingeschlossen, ist Schein <strong>und</strong> Wort geworden.<br />
. . . Der klassischen Symbolik trat die romantische Allegorie<br />
G.A. Bürger-Archiv<br />
G.A. Bürger-Archiv