06.11.2013 Aufrufe

Hochgesangs Wandlungen des Dichtstils - Leben und Werk des ...

Hochgesangs Wandlungen des Dichtstils - Leben und Werk des ...

Hochgesangs Wandlungen des Dichtstils - Leben und Werk des ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

I/tl<br />

I{omposition<br />

lvird, lvas dem Macbeth gleich mit dern Eingang der Handlung<br />

den Charakter <strong>des</strong> Guten, <strong>des</strong> edlen Helden gibtr).<br />

Damit wird notwendig das Interesse ant Geschehen nach<br />

der Seite <strong>des</strong> Moralischen hin umgebogen. Das polare<br />

Gegeneinandertreten von Macbeth <strong>und</strong> seiner Lady schafft<br />

bei Schiller der Handlung auch im Gegenständlichen jene<br />

statuarische <strong>und</strong> in sich selbst {efestigte Haltung, wie sie<br />

klassischer Art entsprechend istz).<br />

Shakespeares Macbeth bedeutet eine letzte übersteigerung<br />

dynamischer Weltgestaltung. Es müßte uns daher<br />

w<strong>und</strong>erbar erscheinen, da13 gerade dieses Stück Schiller<br />

in Bearbeitun genommen hat, würde uns nicht ein<br />

anderer Unrstand erläuternd zu Hilfe kommen: In keinem<br />

zweiten seiner <strong>Werk</strong>e ist Shakespeare in seiner Forrngebung<br />

so knapp. so übersichtlich, so einheitlich geschlossen wie<br />

hier. Freilich, für Shakespeare war diese Einheiilichkeii<br />

<strong>und</strong> übersichtliche Gedränstheit Ausdruck höchster dvnamischer<br />

Über,türzung, fUr öchiller aber - so berühren sich<br />

die Extreme - mochte eben darin der Ausgangspunkt<br />

liegen, in das irrationale schöpferische Werden <strong>und</strong> Geschehen<br />

eine gesetzhaft-geb<strong>und</strong>ene klassische Haltung<br />

hineinzulesen. In<strong>des</strong>sen auch noch ein anderer Umstand<br />

war imstande, verknüpfende Brücken zu schlagen zwischen<br />

Shakespeares Barock <strong>und</strong> Schillers klassischer Formgebung:<br />

Ich meine das Schicksalsmotiv, das ja in Macbeth eine bedeutsame<br />

Rolle spielt. Schiller nimmt Shakespeares Hexen,<br />

die Verkünderinnen <strong>des</strong> Schicksalsspruches, aus der düsteren<br />

Atmosphäre <strong>des</strong> Stückes, in die sie bei Shakespeare<br />

eingebettet sind, heraus, er beraubt sie ihres Zwitterqlg4lrt,t:lhrer<br />

zwischen Wirklichkeit <strong>und</strong> Traum schwel)<br />

Darauf, daß Schiller diese Auffassung durch mehrmalige<br />

Verleihung <strong>des</strong> Prädikats ,,edel" an Macbeth zu stützen unter.<br />

nirnmt, sei ergänzend hingewiesen.<br />

2) Vgl. Fritz Strich, Deutsche Klassik <strong>und</strong> Romantik, S. 192.<br />

I(omposition 177<br />

benden Umrisse <strong>und</strong> macht sie in festen Konturen (sie<br />

empfangen die lichte Klarheit griechischer Sagengestalten)<br />

zur zeitlosen Umrandung <strong>des</strong> dramatischen Verlaufes.<br />

Damit tritt auch der Schicksalsspruch aus dem Doppellicht<br />

subjektiver <strong>und</strong> objektiver Bedeutsamkeit in die durch_<br />

sichtige Helle symbolischer Formen nach klassischer Ge_<br />

staltungsart. Er empfängt die Aufgabe, dem Handlungsverlauf<br />

die tektonische Festigkeit <strong>und</strong> unverrückbare Not_<br />

wendigkeit einer analytischen Entfaltung zu geben, wie sie<br />

dem klassischen Drama in stärkerem oder geringerem Grade<br />

immer eigen ist. Wenn Schiller dabei die sitiliche Freiheit<br />

<strong>des</strong> Menschen solchenr Schicksalslauf gegenüber in eigenen<br />

Zusätzen ausdrücklich betont, so liegt das ganz in der<br />

Richtung seiner in Kants Bahnen sich bewegenden weltanschaulichen<br />

Vorstellungen. Diese Zusätze retten dem<br />

Canzen das sittliche Interesse, bezwecken aber keineswegs<br />

die formende <strong>und</strong> gesetzhaft ordnende Kraft jener klassischen<br />

Schicksalssymboltk zu erschüttern.<br />

Daß alle diese Umstellungen <strong>und</strong> Umgestaltungen, die<br />

wir bisher an Schillers Ä{acbeth zu beobachten hatten,<br />

letzten En<strong>des</strong> auch eine Umgestaltung der Handlung ' in<br />

ihrem innersten Gehalte bedeuten müssen, wie sie aus<br />

solcher verschiedenen Auffassung dieses Gehaltes heraus<br />

überhaupt erst denkbar sind, ist selbstverständlich <strong>und</strong><br />

hier <strong>und</strong> dort bereits deutlich geworden. ,,Macbeth ist..<br />

bei Schiller, ,,wie Wallenstein, wie Polykrates' zu glücklich<br />

<strong>und</strong> vertraut seine Wurde zu sehr dem Glücke an"' So<br />

verfällt er der Versrrchung der Hexen, die-als Botinnen <strong>des</strong><br />

Schicksals erscheinen, uri i'it irdische.s Clück Entgeltung<br />

zu fordern. ,,Was bei Shakespeare die dämonische Notwendigkeit<br />

der Natur zu wirken scheint' das wirkt bei<br />

Schiller die sitfliche Notwendigkeit<br />

der Nemesis"l)'<br />

-D<br />

Vgl. Fr. Strich, Schiller' sein <strong>Leben</strong> <strong>und</strong> sein <strong>Werk</strong>'<br />

Leipzig 1912, S. 370.<br />

Hochgesang, wandlungen <strong>des</strong> <strong>Dichtstils</strong>' 12<br />

G.A. Bürger-Archiv<br />

G.A. Bürger-Archiv

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!