Hochgesangs Wandlungen des Dichtstils - Leben und Werk des ...
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Die Sprache<br />
den Schlaf als ,chief nourisher in life's feast' (ll/ll 40)<br />
bezeichnet, so macht Bürger daraus" das leckerste nahrhafteste<br />
Gericht beim Gastmahl <strong>des</strong> <strong>Leben</strong>s." ( I I/V I.)<br />
Im Banquomonolog Bürgers, der bei Shakespeare in der<br />
Hauptsache fehlt, heißt es II/lV: ,,Meiner Geschäfte bei<br />
Tage zu vergessen <strong>und</strong> <strong>des</strong> Nachts im unruhigen Bette das<br />
sanfte warme Brüten <strong>des</strong> Schlafs über mir abzuwälzen"'<br />
Auf die Hexetrszenen sei in diesem Zusamtnenhang be'<br />
sonders verwiesen.<br />
I/lll. Kastanien hatt' ä Schiffersweib im Schoß<br />
Und schmatzt' <strong>und</strong> schmatzt' <strong>und</strong> schmatzte dir drauf los!<br />
Das überströmende Gefühl der Sturm- <strong>und</strong> Drangzeit<br />
versumpft bei Bürger zur beschränkten Gemütlichkeit,<br />
die nun bei Shakespeare ganz <strong>und</strong> gar nicht am<br />
Platze ist.<br />
Aber all das zugegeben, es bleibt imnter noch eine tiefe<br />
I(luft, die Shakespeares Sprache von der Sprache dieser<br />
Verarbeitung trennt. Die Verschiedenheit hat weiter greifende<br />
Wurzeln. Sie liegt begründet in der Zeit, in der<br />
Bürger steht, mit der er denkt, fühlt unci handelt.<br />
Der Sturnt <strong>und</strong> Drang ist der Wille zur Befreiung aus<br />
den Fesseln rationalen Denkens <strong>und</strong> rationaler Kunst'<br />
Solche Befreiung ist bei aller Gewaltsamkeit nur langsam<br />
<strong>und</strong> immer nur zum Teil gelungen. Die Sprache dieser<br />
Bürgerschen Shakespearebearbeitung bleibt rational gebrochen<br />
<strong>und</strong> beengt. Dabei braucht nur erinnert zu werden<br />
an die dramatische Prose jener Tage überhaupt, unt zu<br />
erkennen, daß die Erklärung nicht bei Bürger allein, nur<br />
im Zusammenhalt mit dem Gesamtcharakter dieser Zeitperiode<br />
gef<strong>und</strong>en werden kann. -<br />
In Shakespeares Sprache wird der Gedanke selbst zu<br />
lebendiger Geste. Bei Bürger umkreist das <strong>Leben</strong> den<br />
starren Gedanken, den es nicht zu lösen, nicht voll zu durch'<br />
dringen <strong>und</strong> in Ausdruck zu verwandeln vermag. Ich verweise<br />
noch einmal auf das bereits erwähnte Beispiel :<br />
B. I/ll. Lange stands nun freilich so so! mit der<br />
Schlacht. Sie wolte nicht von der Stelle, recht wie ein<br />
Schwimmer, der dem reißenden Strom entgegen arbeitet.<br />
Der unbändige Macdonel, recht zum Rebeien geschaffen,<br />
wolte samt seiner Bande schlechterdingsiegen. Fortuna<br />
schien auch in der Tat seine Hure zu sein."<br />
Einige andere Beispiele:<br />
Sh. I/VII 7. ... We'ld jump the life to come.<br />
E. . . . So wollt ich einmal über das künftiee <strong>Leben</strong><br />
hinwegsetzen !<br />
"<br />
B. Il/lll. ... Dann - ja dann könnte man sich ja<br />
wohl einmal über das künftige <strong>Leben</strong> hinwegsetzen.<br />
sh. rrr/rv 43.<br />
His absence, sir,<br />
Lays blame upon his pronrise.<br />
E. Da er ausbleibt, mein I(önig, so ist,s nicht artig,<br />
daß er zu kommen versprach.<br />
B. III/VI. Da er ausbleibt, war das wenigstens nicht<br />
artig, daß er zu kommen versprach.<br />
Sh. II/ll 73. To know mydeed, 'twere best not know<br />
myself.<br />
E. Mir meiner That bewußt zu seyn! Besser wär's, mir<br />
meiner selbst nicht bewußt zu seyn!<br />
B. llivl. O dieser That rnir bewußt zu sein! Besser,<br />
ich wüßte ganz <strong>und</strong> gar von mir selbst nichts mehr.<br />
In dieser Art geht es nun die ganze Arbeit weiter: durch<br />
Beteuerungen <strong>und</strong> affektische Unterstreichungen trägt<br />
Bürger <strong>Leben</strong> <strong>und</strong> Bewegung an Eschenburgs starre Gebilde<br />
heran. Worte, wie freilich, nun, wohl, sogar usw.<br />
werden überall eingeschoben.<br />
Ilochgesang, Wanrllungen <strong>des</strong> <strong>Dichtstils</strong>. 3<br />
G.A. Bürger-Archiv<br />
G.A. Bürger-Archiv