Hochgesangs Wandlungen des Dichtstils - Leben und Werk des ...
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72 Die Sprache<br />
liegt nicht nrehr bloß, sondern ist umwachsen von durcltblutetem<br />
Fleische. Es gilt von Schillers Kunst, was Worringer<br />
von klassischer bildender Kunst sagt: ,,das konstruktiv<br />
Bedingte wird einem höherem organischen Gedanken<br />
unterworfen, der von innen herau sich <strong>des</strong> Ganzen<br />
bemächtigt <strong>und</strong> die Gesetze der Materie im Sinne <strong>des</strong> Organischen<br />
klärt"1). In dieser Weise ist die Stellung Schillers<br />
zu seiner Vorlage zu werten: Überall ist rationale Folgerichtigkeit<br />
organisches Cefühl, mechanische Notwendigkeit<br />
ästhetische Freiheit geworden. Die konstruktiven Elemente<br />
zerstörenicht mehr das <strong>Leben</strong>. Sie sind eingeordnet<br />
höheren Gesetzen ästhetischer Gestaltung. Schillers Macbeth-Übersetzung<br />
steht neben der Eschenburgs wie die<br />
Gestalt eines italienischen Meisters neben der Gliederpuppe<br />
eines Mechanikers. Hier Stoff, dort Form, hier Geräusch,<br />
dort Wohlklang.<br />
E. ll. Eure Diener sind allemal überzeugt, daß sie<br />
selbst <strong>und</strong> was ihnen gehört, Euch völlig zu Gebote steht,<br />
<strong>und</strong> immer euer Eigen bleibt.<br />
Sch. I/XIII. Ihr seid in Eurem Eigentum, mein König,<br />
Wir gebenur, was wir von Euch empfingen.<br />
E. II/l II. Der Wein <strong>des</strong> <strong>Leben</strong>s ist abeezogen, <strong>und</strong> dieses<br />
Cewölbe kann nur noch mit der bloßen Hefen prahlen.<br />
Sch. II/X. Des <strong>Leben</strong>s Wein ist abgezogen,<br />
Und nur die Hefe blieb der Welt zurück.<br />
Bei Schiller ist je<strong>des</strong> Glied, jeder Teil der Sprache not-<br />
Wendig, frei <strong>und</strong> in sich geschlossen; notwendig kraft <strong>des</strong><br />
logischen <strong>und</strong> ästhetischen (rhythmischen) Gesetzes, das<br />
er verwirklicht; frei <strong>und</strong> in sich geschlossen, weil er in Erl)<br />
W. Worringer: Abstraktion <strong>und</strong> Einfühlung. München<br />
1916, S. 148.<br />
Schiller<br />
füllung eines Gesetzes, das die Gestaltung <strong>des</strong> Ganzen beherrscht,<br />
sich auch spannungslos dem Canzen einordnet.<br />
Auch bei Shakespeare besitzt je<strong>des</strong> Wort, jeder Satz höchste<br />
Notwendigkeit in seiner Formulierung. Aber es ist keine<br />
Notwendigkeit kraft zeitloser ewiger Maße. Aus einer maßlosen<br />
Bewegung steigen die Formen auf, mit Notwendigkeit,<br />
in der Bewegung versinken sie wieder. Das dramatische<br />
Auseinander <strong>und</strong> Gegeneinander schafft sie <strong>und</strong> verschlingt<br />
sie auch. Sie können nicht dauern, sie besitzen kein<br />
Gleichgewicht, urn ztt beharren. Schiller bildet all diese<br />
Formen urn. Nicht aus der Bewegung, nicht aus dem dramatischen<br />
<strong>Leben</strong>, nicht aus dem individuell-determinierten<br />
Inhalt der Spracherwächst ihm die Formulierung, sondern<br />
aus dem allgemeinen <strong>und</strong> wesenhaften Gr<strong>und</strong>e, der sich in<br />
allem Besonderen <strong>und</strong> Individuellen verbirgt. Shakespeares<br />
Sprachempfängt unter seinen formenden Händen<br />
Ruhe <strong>und</strong> Gleichmaß.<br />
Sh. I/VII59.<br />
We fail!<br />
But screw your courage to the sticking-place,<br />
And we'll not fail.<br />
Sch. I/XV. Mißlingen! Führ' es aus mit Männermut<br />
Und fester Hand, so kann es nicht mißlingen'<br />
sh. rrlr 15. This diamond he greets your wife withal,<br />
By the name of most kind hostess; and shut up<br />
In measureless content.<br />
Sch. II/lL Hier diesen Demant schickt er eurer Lady<br />
Und grüßt sie eine angenehme Wirtin.<br />
Er ging recht glücklich in sein Schlafgemach.<br />
sh. II/l 25. you shall cleave to my consent, when 'tis,<br />
shall make honour for vou.<br />
Sch. II/ll.<br />
Wenn Banquo mein Beginnen unterstützt,<br />
Und es gelingt, so soll er Ehre davon haben.<br />
G.A. Bürger-Archiv<br />
G.A. Bürger-Archiv