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Hochgesangs Wandlungen des Dichtstils - Leben und Werk des ...

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tb2<br />

Rltythrttus<br />

je<strong>des</strong> für sich als Sonderwerte festgehalten. Damit wird<br />

auch die Sprache (romantische Sprache verlangt solches<br />

Sich-Jagen <strong>und</strong> Finden der Worte) als Sinnganzes zerbrochen.<br />

Man muß dem verborgenen, ungebändigten Ausdruck<br />

freien Lauf lassen <strong>und</strong> aus der toten Form springt<br />

sinnsprühen<strong>des</strong> <strong>Leben</strong> hervor. Ein neuer Rhythmus wird<br />

offenbar, der nicht eine Reihui.g von Glieclern, s0ndern<br />

sprechend gewordele Zeit, ein Rhythnius, der lehenclig<br />

bleibt in aller ungebändigten Bewegung, der frihlbar bleibt<br />

hinter allen Brechungen. Mit solcher freien Beleglichkeit,<br />

zrrsarnmenhängend mit denr neuen Zeitgefühl, gewinnt der<br />

rornantische Vers dcn unnittelbaren Anschluß an derr<br />

Vers Shakespeares. Das Cemeinsarne liegt klar zu Tagc.<br />

Das Trennende ist verhüllter <strong>und</strong> so mag hier gerade vou<br />

dem letzteren ausgegangen werden. - Wir kennen den<br />

nraßlosen Kampf von Sprache <strong>und</strong> Rhtyhntus im Verse<br />

Shakespeares, jene titanischeAuflehnung individuellerSinnkörper<br />

gegen alle zeitliche öffnung uncl Verf lüchtigung.<br />

Der romantische Vers kennt solche kraftvolle Auflehnung<br />

rricht. Ist es doch romantisches Streben. alles Fcstc zu<br />

entgrenzen <strong>und</strong> als Zeit zu entftihren.<br />

Sh. II/l 59. And take the present horror froni ilre<br />

Which suits with it.<br />

T.<br />

Und von der Stunclc nehnten<br />

Den jetz'gen stummen Graus, der so ihr ziernt.<br />

sh. Pronounce it fol me, sir, to all our friends;<br />

For my heärt speaks they are welcotue<br />

T. Sprich ihn für mich zu allen unsern Fre<strong>und</strong>en;<br />

Denn herzlicheill' ich alle sie willkommen.<br />

Sh.llli lV50.Thou canst not say i never shake<br />

Thy gory locks at me.<br />

T. Du kannstnicht sagen, daß ichs tat. O, schütile<br />

nicht deine blutgen l.ocken gegen mich.<br />

Rh-vthmus 11,13<br />

Bei Shakespeare wircl der jambische<br />

'l'onfall<br />

auf Streckcn<br />

hinaus durch den Widerstand individueller,<br />

sich geschlossener<br />

Laut- Lrnd Sinnkörper verdrängt. Wohl befindet<br />

sich auch in den Tieckschen Beispielen etwa inl<br />

zweiten das ,,sprich", irn dritten das ,,ichs" auf Senkung,<br />

aber nirgends erreichen diese Freiheiten jene Cewalt <strong>des</strong><br />

Widerstan<strong>des</strong> gegen das rhythmische Maß wie in den gezeigten<br />

Shakespeare-schen Wendungen.<br />

Und das ist nun das allgenreine <strong>und</strong> vorherrscherrde<br />

tsitd. Es kontntt int rorrtantischen Vers jede Art vott Akz.etttverletzung<br />

vor, die dem rhythmischen Wellengang eine<br />

nene ausdruckhafte Wendungibt. Aber nie hat man das<br />

Geftihl, als sollte, wie so oft bei Shakespeare, der rhythmische<br />

Vorwärtsdrang der Sprache an dem gewaltigen<br />

Widerstand eines den Weg sperrenden individuellen, eigenartigen<br />

Sinukörpers iiberhaupt zum Stillstaud kotlmen.<br />

T. II/1. Wie, Herr, noch auf ? Der l(öttig ist zu Bett.<br />

Er war ausnehlrtend froh <strong>und</strong> sandte noclt . . .<br />

't. Ili ll. Wer ist weis <strong>und</strong> etttsetzt, gefalSt uttd wütig,<br />

Pflichttre<strong>und</strong> kalt in einettt Augenblick?<br />

T. IV/1. Entfesselt ihr den Sturnt gleich, daß er käntpft<br />

Gcgen die Kirchen <strong>und</strong> die schäunt'genWogen. .<br />

Schon diese Beispiele, die sich ins Ungentessene verrurehren<br />

ließen, zeigen die außerordentliche Elastizität ttnd<br />

Verrvand lungskraft <strong>des</strong> romantischen Rhythmtts. Er<br />

scheint an keinen greifbaren Maßstab geb<strong>und</strong>en zu sein.<br />

Wic kann man in dieser ausdruckhaften Sprache jenes<br />

,.Wer ist weis . . ." anders lesen, als mit vier Hebungen<br />

<strong>und</strong> zweirnal mit doppelten Senkungen. Ahnlich steht es<br />

im letzten Beispiel. Wer wollte hier durch metrische<br />

Drückung der Silbe ,,g€fl" von ,,gegen" Hebungscharakter<br />

unterschieben. Es bleibt nichts anderes übrig,<br />

G.A. Bürger-Archiv<br />

G.A. Bürger-Archiv

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