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Hochgesangs Wandlungen des Dichtstils - Leben und Werk des ...

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40 Die SPrache<br />

<strong>und</strong> somit raumschaffend ist ShakespearesWort <strong>und</strong> mit solchem<br />

Stoffe baut Shakespeare seine Bilder. Was hat Bürger<br />

dieser Stofflichkeit entgegenzustellen ? Zunächst einnal den<br />

Begriff, das Erbgut <strong>des</strong> Rationalismus. Über seine Begriffe<br />

findet Bürger nicht den Weg zur Verkörperung. Wenn<br />

Shakespeares Sprache zur Anschauung zwingt, so deutet<br />

Bürger nur auf Bilder hin, aber er gibt sie nicht. Dadurch<br />

kommen, ähnlich wie bei Eschenburg, in der Übertragung<br />

Shakespeares Unmöglichkeiten zustande. Ganz unverständlich<br />

ist Bürger zum Beispiel an folgender Stelle:<br />

Sh. I/VII 32. He hath honour'd me of late; and I have<br />

bought<br />

Golden opinions from all sorts of people,<br />

Which would be worn now in their nervest gloss,<br />

Not cast aside so soon.<br />

B. II/lll. Wir wollen nicht weiter in dieser Sache<br />

gehen. Er hat uns kaum mit neuen Ehren bekleidet, die<br />

erst ausgetragen seyn wollen.<br />

Erst durch nachträgliche Überlegung, rveil die unmittelbare<br />

Anschauung fehlt, findet man bei Bürger, daß das<br />

,,ausgetragen" zu,,bekleidet" gehört.<br />

Shakespeares bildhafte Sprachbewegung setzt sich,<br />

fern sie nicht gefühlsmäßig durchdrungen werden kann,<br />

Bürger um in nüchterne Erklärung:<br />

Sh. IV/lll 22. Though all things foul would wearthe<br />

brows of grace,<br />

Yet grace must still look so.<br />

E. . . . <strong>und</strong> wenn auch alle bösen Dinge die Gestalt <strong>des</strong><br />

Guten annähmen, s0 muß doch das Gute immer diese Gestalt<br />

behalten.<br />

B. IV/VI. Und wenn auch alle bösen Dinge die Oestalt<br />

<strong>des</strong> Guten annähmen, so müßte doch das Gute immer ebenfalls<br />

so aussehen.<br />

Bürger ,1<br />

Man beachte die nahe Verwandtschaft Bürgers mit<br />

Eschenburg in diesen wie so vielen anderen Beispielen.<br />

Im Gefühliegt das Neue <strong>und</strong> Entscheidende, was Bürgcr<br />

vor Eschenburg voraus hat. Und das bescclte, Oas mit<br />

organischem Gefühl durchdrungene Wort ist der bedeut_<br />

sanre künstlerische Faktor, den Bürger Shakespeares Dichte<br />

<strong>und</strong> Gegenständlichkeit entgegen zu stellen hat.<br />

Sh. fl/l 36. Art thou not, fatal vision, sensible<br />

To feeling as to sight.<br />

B. IIiV. Verdammter Spuk! Bist du denn nicht für die<br />

Faust, rvas du fiir's Auge bist.<br />

Shakespeare zeichnet die Erregung in dem für orga_<br />

nisches Gefühl noch unerschlossenen Stoff seiner Sprache"in<br />

anschallicher Bewegung. Bei Bürger schrvingt sie im sinn_<br />

lich-erfüllten Innern der Worte (Verdammter Spuk . . . für<br />

die Faust... fürs Auge).<br />

Sh. I/VII 54. I have given suck, ancl know<br />

How tender 'tis to love the babe that milks me<br />

B. II/lll. Noch bin ich nicht Mutter, fühl, <strong>und</strong> begreif,<br />

es aber, wie groß die Liebe zum Säuglinge seyn mrisse.<br />

In der zur Anschauung führenden Gewalt von Shake_<br />

speares Sprache wurzelt auch hier die Ausdruckskraft der<br />

Stelle. Shakespeare zwingt uns die Mutterliebe bildhaft zu<br />

betrachten (.. . to love the babe that milks me). Anders bei<br />

Bürger: der läßt das Gefühl der Mutterliebe selber, unver_<br />

rvandelt in anschauliche Formen, in den Tönen seiner<br />

Sprache schwingen:<br />

,,.. . . fühl <strong>und</strong> begreif es aber . . .,,<br />

Sh. Il/lll 59. where we lay,<br />

Our chimneys were blown down; and, as<br />

they say,<br />

Lamentings heard i' the air; strange screams<br />

of death.. .<br />

G.A. Bürger-Archiv<br />

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