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Hochgesangs Wandlungen des Dichtstils - Leben und Werk des ...

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Oeschichte <strong>und</strong> Gegenwart<br />

Geschichte <strong>und</strong> Cegenwart<br />

s<br />

mente unter ein unbedingt führen<strong>des</strong>") <strong>und</strong> schließlich die<br />

Entwicklung von der absoluten zur relativen Klarheit (,,die<br />

Darstellung der Dinge, wie sie sind, einzeln genommen <strong>und</strong><br />

dem plastischen Tastgefühl zugänglich, <strong>und</strong> die Darstellung<br />

der Dinge, wie sie erscheinen, im ganzen gesehen <strong>und</strong> mehr<br />

nach ihren nichtplastischen Qualitäten"). Es entsteht so eine<br />

Entwicklungsgeschichte der Form als solcher jenseits ihres<br />

Ausdruckgehaltes, mögen sich auch die einzelnen Formen<br />

<strong>und</strong> Formstufen mit Ausdruckswerten, <strong>und</strong> zwar jede Formstufe<br />

mit einem ihr vorzüglich entsprechenden, verknüpfen'<br />

Ganz anders die Art Strichs. In seinem Weltbild steht<br />

nicht voran die Welt der Formen. Er geht vielmehr aus von<br />

der Seele einer Epoche, von ihrem Ausdruckswollen, von<br />

ihrem Gehalt, also gerade von dem, was Wölf f lin in seiner<br />

Formgeschichte fürs erste ausgeschaltet wissen wollte' So<br />

entsteht bei Strich kein sichtbarer Formzusammenhang<br />

(wenigstens wird ein solcher nicht betont), wie er bei Wölffiin<br />

iä Verhältnis von Klassik <strong>und</strong> Barock sich ergibt'<br />

Strich läßt Barock oder Romantik, so gut wie die klassi'<br />

schen Formstufen, ganz urtümlich aus der ungeformten<br />

Tiefe <strong>des</strong> Geistes erstehen, Barock <strong>und</strong> Romantik sind<br />

ihm Neuanfänge wie die Klassik <strong>und</strong> werden kraft der Freiheit<br />

<strong>und</strong> Wandlungsfähigkeit schöpferischen Wollens geboren.<br />

Klassisch ist ihm das Streben nach Vollendung in<br />

einer in sich ruhenden Form, romantisch (barock) die Sehnsucht<br />

zur Unendlichkeit. Vollendung <strong>und</strong> Unendlichkeit<br />

aber sind die beiden Pole, in denen der Geist seine Verewigung,<br />

seine Steigerung ins Absolute <strong>und</strong> Bleibende sucht'<br />

<strong>und</strong> Oi. G.t.hichte der Kunst ist der unaufhÖrliche Wechsel<br />

beider Möglichkeiten. Es ist klar, daß bei solcher Auffassung<br />

die Gr<strong>und</strong>begriffe ihr Losgelöstsein von allen Inhalts-<br />

*..i.n verlieren; iie erweitern sich um Begri{fe, die nicht<br />

die Form als solche, sondern die Gesamthaltung <strong>des</strong> <strong>Leben</strong>s<br />

einer Stilperiode umschreiben, um Begriffe, wie Entsagungs'<br />

wille, Maßgefühl, Wille zurn Typischen, Cesetzlichen, Stetigen,<br />

Ewig-Gültigen <strong>und</strong> Zeitlos-Gegenwärtigen als kennzeichnend<br />

für die Klassik, wie ft2usshgefühl, tragische Gebrochenheit<br />

<strong>und</strong> Spannung, Strebe nach dem Einmaligen,<br />

lndividuellen <strong>und</strong> Bewegten als kennzeichnend für die Rornantik.<br />

Auch ordnen sich alle Gr<strong>und</strong>begriffe, statt wie bei<br />

Wölfflin gleichwertig koordiniert zu sein, jeweils um einen<br />

Zentralbegriff, als welchen eben die Begriffe Vollendung<br />

<strong>und</strong> Unendlichkeit sich darstellen.<br />

Es ist nicht ohne weiteres möglich im Nebeneinander<br />

beider Auffassungen, der Auffassung von Wölfflin <strong>und</strong><br />

Strich, zwischen wahr <strong>und</strong> falsch zu unterscheiden. Beide<br />

Auffassungsweisen sind in sich gegründet. Sie wiederholen<br />

innerhalb der speziellen Problemstellung einer Zeit, was sich<br />

im Flusse der Geschichte als Klassik <strong>und</strong> Romantik auseinanderfaltet:<br />

hier der Blick in die Welt <strong>des</strong> gestalteten<br />

Daseins, dort der Blick in die Abgründe <strong>des</strong> Seins, die<br />

intuitive Schau für das Geborenwerden der Dinge <strong>und</strong> ihr<br />

Geb<strong>und</strong>enbleiben an das <strong>Leben</strong>. Im letzten Gr<strong>und</strong>e jedoch<br />

wird Geschichte immer nur in der Synthese beider Auffassungen<br />

denkbar sein. Wölfflins kunstgeschichfliches<br />

Bild ist für sich genommen eine kühne <strong>und</strong> großartige Abstraktion,<br />

die zu ihrer Existenz voraussetzt, daß Kunst<br />

Ausdruck von etwas <strong>Leben</strong>digem <strong>und</strong> Wandlungsfähigem<br />

ist. Denn allein daraus kann Formgeschichte den Impuls<br />

ihrer Entwicklung ziehen. Andrerseits ist es auch sicher,<br />

daß, wie die bildende Kunst an gewisse Sehformen. so<br />

Dichtung an gewisse Sprachformen unO Sprachmöglichkeiten<br />

geb<strong>und</strong>en ist, die auf Gr<strong>und</strong>formen <strong>des</strong> Geistes überhaupt<br />

zurückgehen <strong>und</strong> die in ihrer Entfaltung eine bestimmte<br />

Eigengesetzlichkeit <strong>und</strong> einen weitgreifenden Formzusammenhang<br />

erzwingen. Es wird Aufgabe vorliegenden<br />

Buchesein, diese Tatsache nicht aus den Augen i, u.rlieren.<br />

Darüber hinaus aber soll festgehalten werden an<br />

G.A. Bürger-Archiv<br />

G.A. Bürger-Archiv

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