Hochgesangs Wandlungen des Dichtstils - Leben und Werk des ...
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Die Spraclte<br />
Dorothca Tiecl<<br />
1',!?<br />
Againsthose honours deep and broad wherewith<br />
Yourmajesty loads ourhouse: for those of old,<br />
And the late dignities heap'd up to thern,<br />
We rest your hermits.<br />
T,<br />
All unsre Dienste<br />
Zwiefach in jedem Punkt, <strong>und</strong> dann verdoppelt,<br />
Wär' nur ein arm <strong>und</strong> schwaches Tun, verglichen<br />
Der hohen Cunst, womit Eur' Majestät<br />
Verherrlicht unser Haus. Für früh're Wiirden<br />
Wie für die letzte, die die andern krönt,<br />
Bleiben wir im Cebet euch Knecht <strong>und</strong> Diener.<br />
In Shakespeares Fassung klafft ähnlich wie im vorausgehenden<br />
Beispiel zwischen jenem vorgeschobenen Posten<br />
"for those of old and the late dignities heap'd up to them"<br />
r<strong>und</strong> dem folgenden "we" ein unorganischer Bruch. Das<br />
"we" bringt einen ueuett Einsatz, denn es fehlt jede unnrittelbare<br />
Brticke, welche eine adverbiale Ergänzung organisch<br />
nrit dent Subjekte verknüpfen könnte. Anders bei<br />
'fieck. Die adverbiale Ergänzung finclet sich hier zu ihrent<br />
Verbum, <strong>und</strong> so tritt sie nicht nehr als gewaltige uncl<br />
gewaltsame Kontur in den Raum, sie bleibt innerlicher,<br />
körperloser, tönender Ausdruckl).<br />
Und so läßt sich die Gesamtphysiognornie der Tieckschen<br />
Bearbeitung zusammenfassen. Was in Shakespeares<br />
Sprache Welt <strong>und</strong> tastbare Wirklichkeit war, in Tiecks<br />
Spracire ist es klingender Ausdnrck eines großen Erlebens<br />
<strong>und</strong> innert'n Scliauens geworden. Wer nrtr auf das Inhaltliche<br />
scinen Illick richtet, iler wird staunen riber die Geschrneidigkeit,<br />
rnit der rornantische Übersetzerkntft siclt<br />
all den verschlungenen Pfaden von Shakespeares Bilderu<br />
<strong>und</strong> Gedanken einscltntiegt. Nichts scheint verändert:<br />
kein Gedanke verschoben, kein Bild entstellt oder unrgangen.<br />
Und trotzdem ist ein so anderes <strong>und</strong> Verwandeltes<br />
geworden. Die verborgenen Keime <strong>und</strong> Wurzeln, aus<br />
denen solche Veränderung herauswächst, habe ich aufzuzeigen<br />
versucht.<br />
Wenn Rossc im ersten Aufzug der Macbethtragödic einc<br />
Kanrpfschilderung rnit den Worten abbricht: "And to<br />
conclude, the victorl' fell on us", Ticckhat es so wiedcrgegeben:<br />
,,Mit einem Wort, der Sieg blieb urtser". (Ausgabe<br />
von 1833; ,,Der Sieg war unser".) Als Motto utöchte<br />
ich diesc Stelle über die gesamte romatttischc Shakespearc-<br />
Übertragung setzen. In Shakespeares Fassunglaubt mart<br />
den Sieg in riescnhafter Kontur auf die Häupter der darum<br />
Ringendeniederbrechen zu sehen. 'liecks Fassung ist<br />
die letzte Station eines inneren Weges, der körperlose Ausdruck<br />
einer seelischen Erfahrung. Sltakespeare scltuf <strong>und</strong><br />
baute <strong>und</strong> schleuderte Welteu in clie<br />
'liefclt <strong>des</strong> Rauntes.<br />
Inr romantischen Geiste steigt solche cntscltwttttdcnc Zcit<br />
noch einnral aut <strong>und</strong> wird Gcstalt als'fraLtttt urtd Erintterttttg.<br />
l) Damit rvill ich kcineswegs einer buchstZiblichen Nachbildung<br />
Shakespeares das Wort geredet haben, es soll nrtr die<br />
prinzipielle Verschiedenheit der deutschen ttntl cler enqlischen<br />
Frssung ebt'n einnt:rl arrfgezeigt rvertlen.<br />
G.A. Bürger-Archiv<br />
G.A. Bürger-Archiv