Hochgesangs Wandlungen des Dichtstils - Leben und Werk des ...
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tt2<br />
Die Sprache<br />
T. l/ll. Norlegen selbst, nit fürctrterlichen Schaaren,<br />
Verstärkt durch den abtrünnigen Verräther,<br />
Den Than von Cawdor, begann den grausen Kampf,<br />
Bis ihm Bellonas Bräut'gam, kampfgefeyt,<br />
Entgegenstürrnt mit gleicher tJberkraft,<br />
Schrvert gegen Schwert, Arm gegen drä<strong>und</strong>en Arm,<br />
Und beugt den wilden Trctz: mit einem Wort,<br />
Der Sieg blieb unser*).<br />
In einem zweiten auf Verwandtes deutenden Beispiel<br />
stelle ich Tieck neben Schiller auch Bürger gegeniiber:<br />
B. IV/I. Ich beschwör' euch bey eurer Kunst, sie sev<br />
von wannen sie wolle, antwortet mir! Miißtet ihr auch die<br />
Stürme zum Kampfe gegen Kirchen entfesseln; müßten gleich<br />
hochschwellende, schäumende Wogen die ganze Schifffahrt<br />
verwirren; müßten Saat <strong>und</strong>Wal darnieder geblasen werden,<br />
die Zinnen der Schlösser auf die Häupter ihrer Bewohner<br />
herunterprasseln, Paläste <strong>und</strong> Pyramiden ihre Häupter zu den<br />
Schwellen senken! Ja müßten selbst alle Keime der fruchtbaren<br />
Natur durcheinander rauschen <strong>und</strong> ausdorren zum allgemeinenUntergange;<br />
so antrvortet mir dennoch auf meine<br />
Fragen !<br />
Sch IV/lV. Bei eurer dunklen Kunst beschwör ich euch.<br />
Antwortet mir, durch welche Mittel ihr's<br />
Auch mögt vollbringen! Müßtet ihr die Winde<br />
Entfesseln, <strong>und</strong> rnit Kirchen kämpfen lassen,<br />
Müßt' auch das sch äumend auf geregteMeer<br />
Im allgerneinen Sturm die ganze Schiff ahrt<br />
Vcrschlingen, rniißte finstrer Hagelregen<br />
Die Ernte niederschlagen, feste Schlösser<br />
Einstürzen überm Haupte ihrer Hüter,<br />
Paläste, Pyramiden ihren Oipfel<br />
Erschüttert beugen bis zu ihrem Gr<strong>und</strong>e!<br />
Ja, nüßte gleich der Weltbau clrijber brechen,<br />
Antwortet mir auf rlas, rvas ich euch frage.<br />
Dorothea Tieck<br />
I l:J<br />
T. IV/1. Bei dem, was ihr da treibt, beschwör ich euch<br />
(Wie ihr zur K<strong>und</strong>, auch kommt), antwortet mir:<br />
Entfesselt ihr den Sturm gleich, daß er kämpft<br />
Oegen die Kirchen, <strong>und</strong> die schäum'gen Wogen<br />
Vernichten <strong>und</strong> verschlingen alle Schiffahrt,<br />
Daß reifes Korn sich legt, <strong>und</strong> Wälder brechen,<br />
Daß Burgen auf den Schloßwart nieder prasseln,<br />
Daß Pyramiden <strong>und</strong> palläste beugen<br />
Bis zu dern Gr<strong>und</strong> die Häupter; müßte selbst<br />
Der Doppellichter pracht <strong>und</strong> Ordnung wild<br />
Zusammen taumeln, ja, bis zur Vernichtung<br />
Erkranken: Antwort gebt auf meine Fragen!*/<br />
Bei Bürger ist es die Aktion als solche, die intensiye<br />
Wucht <strong>des</strong> jeweiligen Geschehens, die, in seiner Sprache<br />
<strong>Leben</strong> gewinnend, der Beschwörung ihre Wirkungskraft<br />
verleiht. Bei Schiller liegt der Ton vor allem auf den Substantiven,<br />
<strong>und</strong> er unterstreicht diese noch durch schmük_<br />
kende Beiworte: ,,lm allgemeinen Sturm,,,,finstrer Hagel_<br />
regen", ,,feste Schlösser" usw. Denn für ihn ist Oas aie<br />
furchtbarste Bekräftigung seines Verlangens, daß alle diese<br />
Substanzen, die Kirchen, die Schlösser. die Schiffahrt. die<br />
Ernte, um solchen Wunsches willen zugr<strong>und</strong>e gehen sollen.<br />
Beiden gegenüber, Bürger wie Schiller, gibt die Fassung<br />
der Tieck ein neues <strong>und</strong> eigenartiges Bild: Nicht als intensiv<br />
empf<strong>und</strong>ene Episoden wie Bürger stellt sie die rnöglichen<br />
Geschehnisse nebeneinander (,,müßtet. . . müßtet. . .<br />
müßtet . .."), nicht den Untergang von Substanzen sucht<br />
sie anschaulich zu vergegenwärtigen, aus einer Wurzel<br />
läßt sie alles übrige in maßlos flutender Folge erstehen<br />
(,,EntfesseltihrdenSturmgleich, daß. . . daß . . . daß. . .,,).<br />
Als unendlicher Strom ergießt sich die Sprache, schicksalsschwanger<br />
von Ereignissen, <strong>und</strong> als Zeit ist alles in ihr<br />
sprechend, ein unaufhaltsarnes Werden, Folgen <strong>und</strong> Sichverwandeln.<br />
Hochgesang, ll'andlungen <strong>des</strong> Dichtslilr. g<br />
G.A. Bürger-Archiv<br />
G.A. Bürger-Archiv