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Freiwild. Zum Beispiel Konrad - Hermann W. Prignitzer

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Wir tappten durch den Wohnraum, dessen Wand zum See hin eine Glasfront mit großer<br />

zweiflüglige Tür, und die war auch auf, aber Schmiedel hatte, ins Haus gekommen, die Jalousie<br />

runter gelassen, und an der zu rühren, hätte gelärmt; also schlichen wir uns durch die Küche<br />

nach draußen. Und draußen war die Luft samtig warm, die streichelte einen, und es roch<br />

nach der Wiese, über die wir da barfüßig liefen, und dies bis hinter den hinteren Schuppengiebel.<br />

– „Hier is’ es gut, <strong>Konrad</strong>, hier leg dich hin, leg dich auf’n Rücken –“<br />

„– du, da hinterm Zaun, guck mal, ich glaube, da steht einer.“ Und wir, beide erstarrt,<br />

starrten gen Maschendrahtzaun Richtung See, und von dort hörten wir; Stimme eines Mannes,<br />

eine heisere: „Sst, nicht erschrecken. Komm mal ran, ihr Nackedeis?“<br />

Siegmar: „Wer sind Sie denn?“<br />

Der Mann: „Kommt her, ich erzähl’s euch.“<br />

Siegmar: „Los, geh’n wir. Was tun kann er uns nich’.“<br />

Ich: „Und wenn er über’n Zaun springt.“<br />

Siegmar: „Eh der rüber sind, sie wir weg.“<br />

Der Mann: „Na was is’ denn nun, kommt her, zeigt euch mal vor. Bis zu euch kann ich<br />

nich’, zuviel Gestrüpp.“ Und also gingen wir hin, und der Mann hinterm Zaun nur in Badehose.<br />

– „Hallo Jungs, ich bin der Harri. Mir hat das hier alles mal gehört, und nun steh ich hier<br />

nachts öfter rum, und guck mir das an. Auch wie sie hier die Knaben unter sich zwingen, alles<br />

schon geseh’n. Haben sie sich alles von mir abgeguckt.“<br />

Siegmar: „Wo wohnen Sie denn?“<br />

Der Mann: „Über der Tankstelle an der Chaussee.“<br />

Siegmar: „Ach jetzt weiß ich: Sie sind dieser Tankwart, der Bruder von Herrn Wegner.“<br />

„Halbbruder. Jeder ’ne andre Mutter. Deshalb kann er mich auch nicht leiden, hat mich<br />

übers Ohr gehauen. – Schön seht ihr aus. Wie alt seid ihr denn?“<br />

„Ich siebzehn, und der hier sechzehn.“<br />

„Gutes Alter, grad richtig. Was is’n mit denen da drinnen, schlafen die alle?“<br />

„Ja, aber nich’ rüberkommen, bleiben Sie, wo Sie sind.“<br />

„Ja, ja, bleib’ ich sowieso, hab’ Hausverbot, soll nischt mitkriegen, und dabei weiß ich<br />

Bescheid, geht zu wie früher, als ich noch mitmachen durfte. Aber ich war bei den Jungs zu<br />

beliebt, da hat Wolfgang mich rausgeekelt, auch dafür gesorgt, dass ich in finanzielle Schwierigkeiten<br />

gekommen bin, und dann hat er mir das Grundstück hier abgeknöpft und alles auf<br />

nobel gemacht. Früher war das was Schlichtes, auch nich’ so’n hoher Zaum drum herum.“<br />

„Wann war denn das?“<br />

„Vor dreiundfuffzig, als ich noch Lehrer war. Drüben in Bad Düben. Aber dann kriegt<br />

ich’s mit der Stimme, musst’ aufhör’n.“<br />

„Da hab’ ich aber von ihrem Bruder mal was andres gehört.“<br />

„Halbbruder, nur ’n Halbbruder. Und der hat mich verleumdet. Ich war nie ’n Nazi. Und<br />

das mit der SS, dafür hab’ ich nischt gekonnt. Und das wär’ auch nie rausgekommen, wenn<br />

Wolfgang die Klappe gehalten hätte. Aber im Suff is’ er unberechenbar. Wen von euch beiden<br />

hat er denn heute schon genagelt?“<br />

„Gar keinen, der is’ nich’ da, der hat Hexenschuss.“<br />

„Gut so, gefällt mir. Sag mal, du andrer, bist du stumm? Oder warum sagst’ nichts?“<br />

„Was soll ich sagen? Ich lass meinen Freund reden.“<br />

„Ach so is’ das. Dann is’ er von euch wohl auch der Dominante. Ja, is’ das so? Nagelst<br />

du den da? Wolltest du es da am Schuppen grad machen?“<br />

„Ja, wollt’ ich, ja.“<br />

„Dafür musst du aber erst ’n Steifen kriegen.“<br />

„Das wär schon geworden, wenn Sie uns nich’ in die Quere gekommen wär’n.“<br />

„Wieso, ich hab’ nischt gemacht. Aber wollt’ ihr mal sehen, was ich an mir dran hab’?“<br />

„Klar, warum nich’?“<br />

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