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Freiwild. Zum Beispiel Konrad - Hermann W. Prignitzer

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„Du hast gar nichts mitgekiegt, Fritze. Das sagst du jetzt nur, damit du von nun ab deinen<br />

Hintern nich’ erst in’ Waschraum oder in die Toilette tragen musst.“<br />

„Nee, so is’ det nich’, Andreas. Ich hab’ auch schon geseh’n, dass du dir immer mal wieder<br />

einen runterholst, und das weißt du auch, das ich das weiß.“<br />

„Komm, lass das stecken, Konni, das geht hier keinen was an.“<br />

„Wie, was is’ denn, Konni?“<br />

„Nichts, Ludwig. Ich will nur nich’, dass Andreas sich jetzt wunder wie hat. Aber ansonsten<br />

geht es wirklich keinen was an.“<br />

„Sag’s mal trotzdem, Konni.“<br />

„Nein. Und dabei bleibt es, Ludwig.“<br />

„Danke, Konni.“<br />

„Nischt zu danken, Andreas. Stimm mal lieber die andern um, dass sie hier auch im<br />

Schlafsaal was zulassen. Bequemer wär’s schon, als immer nur im Steh’n oder auf den kalten<br />

Fliesen, da hat Herbert schon recht. Und wer nich’ hingucken will, kann ja weggucken.“<br />

„Ich will aber auch das Gestöhne nich’ hör’n.“<br />

„Woher weiß du, dass dabei gestöhnt wird, Johannes?“<br />

„Wieso, ist doch so, oder?“<br />

„Ja wenn’s einem Lust macht.“<br />

„Oder das tut ihm weh, und das möcht’ ich nun wirklich nich’ miterleben.“<br />

„Ich auch nich’. Und dass so was mörderisch weh tun kann, das hab’ ich schon öfter gehört“,<br />

sagte Rolf Gerke, den ich nun fragte: „Gehört oder erlebt, Rolli?“<br />

„Wie denn erlebt, Konni? Du weißt doch, dass ich hier nie was mitmache.“<br />

„Aber vielleicht woanders.“<br />

„Wie kommst’n auf so was, sag’ mal.“<br />

„War nur ’n Gedanke. Sollst dich doch bei euch im Betrieb mit deinem Abteilungsleiter<br />

so gut steh’n.“<br />

„Aber doch nicht deshalb. Na hör mal, was denkst du von dem? Herr Lademann war mal<br />

verheiratet und hat zwei Kinder. Und jetzt hat er ’ne Freundin. Der hat doch so was nich’ nötig.“<br />

„Ludwig, jetzt könnt ihr. Komm, schlepp ihn an, deinen Konni“, hörten wir jetzt den<br />

Herbert. Der stand nackt in der Tür zum Waschraum, und obwohl da kein Licht gemacht<br />

worden war... der Junge, das sah man, der sah nach was aus. Da stand ein Berserker auf<br />

Stempelbeinen, und Schultern hatte der Kerl, na hoppla, und dessen Gemächt... Justi hatte<br />

recht, Herbert hatte einen heftigen Hammer. ‚Donnerwetter, und das schon mit sechzehn‘,<br />

dacht’ ich, der ich noch nicht wusste, dass Herbert nur geschätzt mein Jahrgang war. – „Wie<br />

alt ich wirklich bin, wissen die Götter, Konni. Februar fünfundvierzig hat mich ’n Bauer im<br />

Straßengraben gefunden. Ohne Papiere. Mich muss ’n Flüchtlingstreck aus Pommern oder<br />

Ostpreußen verloren haben. Und da ich zu der Zeit immer noch nich’ sprechen konnte, wie sie<br />

mir erzählt haben, und mächtig abgemagert soll ich auch gewesen sein, da haben sie mich für<br />

knappe vier gehalten. Kriegt’ ich ’ne Geburtsurkunde aufgedrückt, nach der bin ich am ersten<br />

Mai neunzehnhunderteinundvierzig geboren worden. Eltern und andere Verwandte unbekannt,<br />

und der Geburtsort auch nicht zu ermitteln. Einer kam auf den Gedanken, schreiben<br />

wir Arnswalde, also war ich von nun an in Arnswalde in Pommern gebor’n. Und einen Namen<br />

kriegte ich auch. Den von den Pflegeeltern, die ich aufgehalst gekriegt hatte. Die hießen<br />

Granzow und die bestimmten, ich sollte mit Vornamen ‚Herbert‘ heißen. Gut, hieß ich eben<br />

Herbert, obwohl mir so zwei, drei Jahre später dämmerte, man könnt’ mich mal ‚Adolf‘ gerufen<br />

haben, irgendwie hatte ich auf einmal ‚Adolf‘ im Ohr. Aber wer wollte nach dem Krieg<br />

schon Adolf heißen. Meine Pflegeeltern ließen sich jedenfalls darauf nich’ ein. Ich hieße jetzt<br />

Herbert, und damit basta. ‚Adolf‘ sollt’ ich mal schnell wieder vergessen. Und was das betrifft,<br />

bin ich auf meine damaligen Pflegeeltern auch heute noch nicht schlecht zu sprechen.<br />

Aber ansonsten haben sie nischt getaugt. Ich hab’ mehr Prügel als zu essen gekriegt. Das war<br />

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