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Freiwild. Zum Beispiel Konrad - Hermann W. Prignitzer

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„Na ja für mich is’ das schon manchmal so. Aber nicht, wenn es diese Männer mit mir<br />

veranstalten. Nur wenn mich ’n Freund ficken möchte, dann soll er, und dann hat es auch<br />

manchmal was Prickelndes. Allerdings auch nicht, wenn mich vorher schon soundso viele<br />

Männer in der Mangel hatten, und das is’ oft so bei uns im Heim. – Kannst du aufsteh’n?“<br />

„Ja, aber ich würde mich lieber verkriechen.“<br />

„Hier gibt’s aber kein Verkriechen, Manfred. Steh lieber auf, lass uns was essen.“<br />

„Nee, lass mich hier. Vielleicht vergessen mich die Männer ’ne Weile, wenn sie mich<br />

nicht sehen.“<br />

„Damit darfst du nich’ rechnen. Die vergessen dich nich’. Hast’ schon mal Schnaps getrunken?“<br />

„Nee.“<br />

„Dann versuch es mal trotzdem, wenn sie nachher anfangen zu saufen. Ich mach das<br />

auch. Wenn ich besoffen bin, spür’ ich nicht mehr viel. Und das geht dir vielleicht genauso,<br />

und schon wär’ dir etwas geholfen.“<br />

„Ja, meinst du?“<br />

„Versuch’s.“<br />

„Gut, ich werd’ seh’n. Du, wo is’ denn hier die Toilette?“<br />

„Die Tür, bevor du in die Küche kommst. Da is’ das Bad.“<br />

„Ach da, wo sie das Bier reingestellt haben.“<br />

„Ja, ja, das steht immer zum Kühlen in der Badewanne. Das passt nich’ in den Eisschrank.“<br />

„Du kennst dich hier ja gut aus.“<br />

„Ja, aber nicht gern, Manfred.“<br />

Zehn Minuten später saßen auf der Wiese hinter der Datscha und nahe zum Ufer des kleines<br />

Sees fünf nackte Männer und fünf nackte Jugendliche, beziehungsweise Jungs, auf den<br />

Bänken längsseits eines langen kompakten Buchenholztischs unter zwei uralt anmutenden,<br />

mächtigen Weiden, die mäßigen Schatten spendeten. – Brot, Butter, Mettwurst; Abendbrotzeit.<br />

Und jedem ein Bier, und um uns die Landschaft die schönste Idylle, und welch’ eine<br />

Eintracht am Tisch, wo wir Jungs brav aßen und die Männer reinhauten, dazu vollmundig<br />

protzig ihre Sprüche abließen, ihre Witze rissen, sich dicke taten, und wir Jungs der Männer<br />

Publikum, so weit dazu fähig. Siegmar, dem Jugendwerkhofler, schien mal wieder nichts was<br />

auszumachen; saß lässig da und schaute dreiste drein, wie wenn ihm klar vor Augen stand,<br />

lange konnt’s nicht mehr dauern, und er könnte die Seiten wechseln, sich von den Machtlosen<br />

zu den Machern schlagen und dann säße er mindestens so hoch und trocken wie die Männer,<br />

denen er sich momentan noch ausliefern musste, und das musst’ halt sein, das war halt so,<br />

aber eines baldigen Tages... Siegmar hockte, ich sah es ihm an, schon in den Startlöchern, und<br />

an diesem schwülheißen Abend da am Tisch, da am See hinter der Datscha, da schaute er<br />

mehrmals zu oft zum verkrochen dahockenden, verschüchtert dreinschauenden Manfred rüber.<br />

Manfred, so ging mir auf, musste, wenn möglich, sich vorsehen: Siegmar war auf dem<br />

Sprung, den Jungen, wenn’s Gelegenheit dazu gäbe, keiner der Männer groß drauf achtete,<br />

unter sich zu zwingen. Oswald war solches schon passiert. Letztes Pfingsten, als ich da auch<br />

hin gemusst, und die Runde noch um ein paar Männer größer, acht oder gar neun der speziellen<br />

Art, und statt jetzt fünf, hatte man sieben Jugendliche zwischen fünfzehn und siebzehn<br />

zur Verfügung, und die Männer Pfingstsonnabend gegen Mitternacht kein Bedürfnis mehr,<br />

wir alle uns einen Schlafplatz gesucht, war Oswald, sein Feldbett neben dem meinen in der<br />

Küche, zur Toilette entschwunden, war daselbst plötzlich ins Kichern gekommen, dann ins<br />

Quakeln: „Eh, eh, wat soll det? Wieso det denn? Na gut, na gut, wenn du meinst –“, und dann<br />

war’s stille geworden, und von nirgends her rührte sich wer. Und als Oswald wieder auf sein<br />

Feldbett gekrochen kam, da hatte es geheißen: „Du, <strong>Konrad</strong>, schläfst’ schon?“<br />

„Nee. Is’ was?“<br />

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