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Freiwild. Zum Beispiel Konrad - Hermann W. Prignitzer

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„Na ich auch nich. Und Robert is’ die ganze Zeit am Kotzen.“<br />

„Wundert mich nich’. Ich hab’ ihn die Nacht gleich davor gewarnt, mittenmang drei rohe<br />

Eier zu schlucken.“<br />

„Weißt, warum die rohen Eier, <strong>Konrad</strong>?“<br />

„Nein.“<br />

„Na weil er sich in’ Kopf gesetzt hatte, wenigstens für dich noch den barmherzigen Samariter<br />

zu spielen. War nicht davon abzubringen, dir noch was Gutes zu tun, bevor er sich<br />

aufs Ohr legen wollte. Aber da hattest du Pech. Seine stolzen achtzehn Zentimeter blieben ’n<br />

Stück Bandmaß, ’n Stück Zollstock war nich’ draus zu machen.“<br />

„Einzelheiten erspar dem Jungen, Gerdi.“<br />

„Wieso, von dir brauch’ ich ja nich’ zu reden, Peter, aber dass ich so frei war, Robert zur<br />

Standfestigkeit seines Achtzehnergemächts mit verhelfen zu wollen, kann <strong>Konrad</strong> ruhig wissen,<br />

und die beiden andern dürfen’s auch hören, dass alle Mühe vergebens war. Dein Onkel<br />

hat am Ende doch um euer Schlafgemach einen Bogen machen müssen, Manfred. Musst’ auf<br />

<strong>Konrad</strong> verzichten. So, nun kannst du deinen Freund <strong>Konrad</strong> bedauern. Kommst mit, Peter,<br />

setzen wir uns wieder im See bis zur Brust ins Wasser.“<br />

„Sollten wir bleiben lassen, Gerdi. Die Sonne steht jetzt so, dass auch diese schief überm<br />

Wasser hängende Weide kein Fitzelchen Schatten mehr wirft. Und denk an Erwin. Ich würde<br />

mich jedenfalls gern noch ein Weilchen meines Lebens erfreuen.“<br />

„Stimmt, ich auch. Wozu hat sich jeder von uns einen Stall voller Arschvotzen ergattert.<br />

Da kommst auch mal hin, Siegmar. Nur immer anstellig sein, Junge, dann kannst du irgendwann<br />

in Herrn Strassners Fußstapfen treten.“<br />

„Den Weg werd’ ich ihm ebnen. Vom Insassen eines Jugendwerkhofs zum Erzieher bedürftiger<br />

Waisen. Eine kommunistische Bilderbuchkarriere. Du hast das Zeug dazu, Siegmar.<br />

In dir ist Kraft Und der Wille, sich zu behaupten. Du hast was Zupackendes, das hast du gestern<br />

mal wieder bewiesen. <strong>Konrad</strong> dagegen... na ja, geh’ in der Musik auf, <strong>Konrad</strong>, mir recht.<br />

Der Musik steht ein Schuss Sentimentalität nicht schlecht. Aber für den Umgang mit Menschen<br />

ist das nichts. Ich will jetzt nicht sagen, dass du gestern den Manfred bestärkt hast, uns<br />

hier Scherereien zu bereiten, aber gut hat ihm dein sogenanntes für ihn Einspringen nicht getan.<br />

Na ja, ist ja alles gut gegangen. Und nun macht mal was für euch, Jungs. Beschäftigt<br />

euch. Aber nicht mit Sauereien. Bleibt gesittet. Und wenn ihr gebraucht werdet, rufen wir.<br />

Ach ja, geht mal rein, putzt unsere Schuhe. Von der Sucherei die Nacht sind sie nicht schöner<br />

geworden. Und sagt Bescheid, wenn sie wieder vorführbar sind. Fahren Herr Lux und ich<br />

kurz nach Bad Düben, ein paar Telefonate führen, nicht dass sich unsere Leutchen unnütz<br />

Gedanken machen. Deinetwegen, Manfred. Wo wir alle dachten, du bist abgehauen, und dann<br />

auch noch nackt. Da wärst du doch jedem Lustmörder ein gefundenes Fressen gewesen.<br />

Weißt du, dass extra nachts welche aus ihren Löchern rauskriechen, in der Gegend herumkurven,<br />

nach verirrten Schäfchen Ausschau halten? Und da hilft dir dann keiner. Erst wirst’ genagelt,<br />

dann abgemurkst.“<br />

<strong>Zum</strong> Abendessen Rührei, Rührei mit kräftig viel Speck; stets Strassners Kreation, aber<br />

Strassner diesmal nicht lange am Herd gestanden; nur fünf Esser für’s Rührei. Esser Nummer<br />

sechs aß Trockenbrot; Schmiedel war’s, der mehr nicht runterbrachte. Trockenbrot und Wasser;<br />

Strassner und Lux aus einer Kneipe in Bad Düben einen Kasten Selter mitgebracht; nicht<br />

nur für den Herrn Schmiedel, aber vor allem Schmiedel bedürftig, der auch nach dem Essen<br />

keine uns Jungs belastenden Bedürfnisse hatte. Der holte sich, wir andern noch am Spachteln,<br />

einen Liegestuhl aus dem Schuppen, und mehr dem Mann nicht nötig. Manfreds Onkel, den<br />

Tag über im Bett verbracht, nur ab und zu sich auskotzen gelaufen, war weiterhin außer Gefecht,<br />

sich selbst in diesen Zustand gebracht. Konnt’s trotzdem nicht lassen, dies seinem Neffen<br />

und mir anzulasten: „Alles deine Schuld, du aus der Art geschlagenes Balg. Da hat man<br />

sich einmal breitschlagen lassen, sich um dich zu kümmern, und schon machst du einen<br />

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