Freiwild. Zum Beispiel Konrad - Hermann W. Prignitzer
Freiwild. Zum Beispiel Konrad - Hermann W. Prignitzer
Freiwild. Zum Beispiel Konrad - Hermann W. Prignitzer
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
iger schon ’ne größere Rosette. Na wart mal, gleich lass’ ich sie dir wachsen. Was is’ denn<br />
Matthias, warum fickst’ denn nich’ los? Steckst doch schon ganz und gar drin.“<br />
„Ja, ja, lass mal, dein <strong>Konrad</strong> kriegt schon noch genug. Jetzt lass mich erstmal erleben,<br />
wie du dich wegsteckst.“<br />
„Na dann guck her. So Gerhard, still halten, Glück empfinden. Jetzt ramm’ ich mich<br />
durch.“ – Und ich ahnt’ es, und schon hört’ ich’s: auf schrie der Junge, der kreischte, das<br />
gellte, und ich erstarrte, ich schrumpfte, und neben mir der Junge, der schlug im Schreien, im<br />
Kreischen wild ein auf den Mann, der ihn gerammt, und ich wurde Lademann los. Weg von<br />
mir sprang er, griff nach dem Jungen, packte den Jungen, hielt ihm die Arme fest, aus jetzt<br />
das Schlagen, jetzt nur noch das Schreien, das Kreischen, und nicht locker ließ Rabelt, zu<br />
stieß er, sich rein stieß er, den Hintern beballern tat er und blöken tat er: „Gut, was? Hast deinen<br />
Spaß, was?“<br />
„Und ob er den hat, Ewald. So geht er sonst nie aus sich raus. Der ist ja schier nicht mehr<br />
wiederzuerkennen. Nimm ihn ran, aber feste.“ Und ich flatterte vom Bett, glitt aus, fiel hin,<br />
knallte mit dem Kopf an den Kleiderschrank seitlich des Betts, und ich kam wieder hoch,<br />
flatterte weiter, rannte in den Korridor, rein die Toilette, und da schloss ich mich ein, und ich<br />
hörte es schreien, hörte es kreischen, ich hielt mir die Ohren zu, und ich brabbelte: „Das geht<br />
nich’ so weiter, so geht das nich’ weiter, da muss ich was machen, die bringen ihn um, das<br />
sind Tiere.“ Und ich rutschte zusammen, sackte vors Klobecken, wollte mich festhalten, fiel<br />
aber um, und ich hört’s nicht mehr schreien, hört’s nicht mehr kreischen. Der Junge wie damals<br />
ich, ich mit 13, unterm Rabelt in Ohnmacht gefallen? „Das geht nich’ so weiter, so geht<br />
es nich’ weiter, da muss ich wat machen –“<br />
„Mach’ die Tür auf, <strong>Konrad</strong>, komm raus, die kommen jetzt ohne mich aus. Los raus hier<br />
mit dir, ich will dich jetzt endlich bumsen, na los doch, mach auf.“<br />
‚Nein, mach ich nich’, will ich nich’‘, dachte ich, und ich rief: „Nee, geht nich’, kann ich<br />
jetzt nich’.“<br />
„Was ist denn, bist du am Scheißen?“<br />
„Nee, aber ich hab’ keine Kraft, ich kann nich’, das geht nich’.“<br />
„Wieso geht es nicht? Komm, schließ auf, hab’ dich nicht so, ist absolut nichts passiert.<br />
Wo gehobelt wird, fallen nun mal Späne, das ist nun mal so, und den Gerhard macht’s glücklich.“<br />
„Nee, das stimmt nich’, das hab’ ich gehört.“<br />
„Du hast gar nichts gehört, in den falschen Hals hast’ es gekriegt. Na los, mach auf, lass<br />
dich ficken, Ewald fickt auch noch, und den Gerhard, den freut’s, jetzt hat er es raus, wie er<br />
den Knüppel zu nehmen hat. Also was ist, schließt du jetzt auf, oder soll ich den Heimleiter<br />
holen? Brauchst du ’ne Unterweisung, wie du dich mir gegenüber zu verhalten hast? Du, ich<br />
warn’ dich, erspar’s dir, mach auf, komm mit, komm ins Bett.“<br />
„Ich will nich’ ins Bett.“<br />
„Na dann nicht, treiben wir’s eben hier auf’m Klo, hat auch seinen Reiz. Also komm, lass<br />
mich rein, lass dich lieben. Ich mach’s dir auch gründlich, wirst nichts zu klagen haben,<br />
glaub’s mir. Na los, mach auf, wirst glücklich wie Gerhard. Der bereut momentan keine Sekunde,<br />
ist zum stillen Genießer geworden, hörst du doch, oder hörst du noch was?“<br />
„Nein.“<br />
„Na dann mach endlich auf, gönn’s deiner Votze, halt sie mir hin. Ich bin dir auch nicht<br />
böse. Du bückst dich für mich, und fertig. Komm, sei vernünftig, <strong>Konrad</strong>, kommst sowieso<br />
nicht drum herum, also mach auf, her mit dem Hintern.“ Und nun kam ich doch tatsächlich<br />
auf die Füße, schloss ich doch tatsächlich auf, was im Nachhinein, sprich: von heut aus betrachtet,<br />
aber von heut aus betrachtet, das zählt nicht. Damals, 1957, ich sechzehn, gefangen<br />
gehalten im Heim, entsprechender Willkür blank unterworfen... ja, ja, ich erzählte jetzt schon<br />
gern: ich mutig gewesen, mich widersetzt, aller mich drangsalierenden Welt mit dem Arsch<br />
ins Gesicht gesprungen, aber mit solcher Mär kann ich nicht dienen, muss zugeben stattdes-<br />
29