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Freiwild. Zum Beispiel Konrad - Hermann W. Prignitzer

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wären die Schmerzen ja nachts immer besonders heftig. „Also wer macht’s? Wer geht die<br />

Nacht zu Herrn Rabelt?“<br />

Tja, wer? Dass das auf Freiwilligkeit beruhen sollte, war neu, und das Ergebnis entsprechend:<br />

Keiner meldete sich. – „Niemand von sich aus hilfsbereit? Wer hat es schon mal gemacht,<br />

wer kennt sich inzwischen aus mit diesem Verband? Na los, melden.“<br />

Vier hoben die Hand, ich hütete mich. – „Sind das alle? Das sind doch nicht alle, dazu<br />

war es doch schon viel zu oft nötig. Muss ich erst die Dienstkladde holen, nachschauen? Also<br />

wer war Herrn Rabelt nachts schon mal behilflich?“<br />

Nun waren es neun, die die Hand oben hatten,; ich war wieder nicht dabei, und Karsten<br />

Knopf hütete sich desgleichen, und Johannes Zetsche, zwei Tische weiter, beim zweiten Anlauf<br />

sich auch gemeldet, der rief: „Was is’n mit dir, Konni Wohlgemuth? <strong>Konrad</strong> hat das auch<br />

schon gemacht, Herr Strassner. Sogar schon mehrmals. Und der Karsten Knopf genauso.“<br />

„Na schau mal an, zwei Drückeberger. Dürfen auf die Oberschule gehen, weil andere mit<br />

ihrer Hände Arbeit das Geld dafür erwirtschaften, aber fürs Gemeinwohl nichts tun wollen.<br />

So geht’s nicht, ihr beiden. Und was speziell dich betrifft, <strong>Konrad</strong> Wohlgemuth... nur weil du<br />

öffentlich auftreten darfst, wie ich gerade wieder verkünden durfte, bist du noch lange nichts<br />

Besseres. Du gehst heute Nacht zu Herrn Rabelt und hilfst ihm. Und wenn es morgen mit den<br />

Schmerzen noch nicht besser sein sollte, bist du dran, Karsten Knopf. So, und nun mal allen<br />

einen guten Appetit.“<br />

3<br />

Was für ein Tag! Am Nachmittag Strassner, Fuhrmann, Strassner, in der Nacht nun der<br />

Rabelt, der Mann mit dem Monstergemächt, mit welchem garantiert die meisten, wenn nicht<br />

gar alle, Bekanntschaft zu machen hatten, die Herr Rabelt in der Sanitäterkunst unterwiesen,<br />

seiner Schulter nachts fachgerecht eine kühlende Kompresse samt Verband zu verpassen. Rabelt<br />

schon am Tage gewiss nicht nur bei Karsten und mir nicht kleinlich, war’s nachts wohl<br />

erst recht bei kaum einem, der neben dem Mann zu liegen hatte, um bequem geweckt werden<br />

zu können, war dem Mann der Schmerz in der Schulter zu lindern. Was Karsten und ich für<br />

eine Finte hielten, dass dem Mann das nötig war. Wir mussten ihm jedenfalls in erster Linie<br />

was anderes lindern, nämlich „den Druck auf den Eiern“, war einem von uns beschieden worden,<br />

bei Rabelt zu nächtigen. Und bislang wurde man dazu, wie schon gesagt, schlichtweg<br />

ausgeguckt, abkommandiert, ‚Freiwillige vor‘ war neu und ich war schier sprachlos, dass es<br />

immer noch infamer zugehen konnte, als es ohnehin schon zuging. Nun sollte man sich auch<br />

noch selbst anbieten, sich aus sich heraus ausliefern. „Hier ich. Ich möcht’s.“ Und ich verübelte<br />

dem Hannes Zetsche nicht, dass er, der notgedrungen brav das Händchen gehoben,<br />

nicht mit ansehen gekonnt, dass ich mich drum herum mogeln gewollt. – Johannes Zetsche,<br />

einer unserer sogenannten Kostverächter, also einer, der nie mitmachte, wenn wir miteinander<br />

rummachten, aber zu Rabelt hatte er schon zweimal oder gar dreimal nächtens gemusst, hatte<br />

Herr Krassner entschieden. Na ja, da wird er gewiss nicht ungeschoren davongekommen sein,<br />

der Hannes, und bevor er selbst wieder antreten musste... nein, ich verübelte es ihm nicht,<br />

dass er sich zur Wehr gesetzt hatte. Klar war’s an der falschen Adresse passiert, aber an der<br />

richtigen Andresse hätt’s niemand gewagt. Und Ludwig Bundschuh, einer der bisher wohl<br />

noch nie geschändet worden war, jedenfalls so viel ich mitgekriegt hatte... tja, so einer,<br />

wenn’s denn stimmte, dass er unserer Obrigkeit sexuell nicht zu Willen sein musste, der hatte<br />

leicht reden, als er nach dem Abendessen, wir unter uns, wir in speziell unserer Ecke im Park,<br />

den Hannes anknurrte: „Eigentlich hättest’ne Tracht Prügel verdient, Zetsche, du Arsch. Was<br />

hält dich denn davon ab, mal bei Rabelt zu pennen, wo du uns nachts doch sowieso zu nix<br />

nütze sein willst? Was is’n so schlimm dran, die Nacht ein- oder zweimal hoch zu müssen,<br />

um dem Mann solche Kompressen anzulegen? Steht man auf, schläft danach weiter.“<br />

„Komm, lass ihn, Ludwig.“<br />

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