Freiwild. Zum Beispiel Konrad - Hermann W. Prignitzer
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„Nee, aber mich ja nich’ verraten, ich hab’ ausdrücklich fünfzehn zu sein, weil mein Onkel<br />
mich da unbedingt mit hinnehmen will, wo wir da hinfahr’n. Aber da muss man wenigstens<br />
fünfzehn Jahre alt sein, sonst wollen sie einen da nich’, hat er gesagt.“<br />
„Ja, ja, bei Jüngeren haben sie Angst, die wär’n noch zu schwatzhaft. Die könnten nich’<br />
dichthalten.“<br />
„Siehst du, und ich soll da doch unbedingt landen. Onkel Robert will mal so richtig lange<br />
zugucken, wie mich andre ficken, und deshalb das mit dem Alter.“<br />
„Und wie alt bist du nun wirklich?“<br />
„Ich werd’ nächsten Monat erst vierzehn.“<br />
„Ach du großer Gott, da bist du im Moment wirklich noch dreizehn?“<br />
„Ja, aber nichts sagen, sag’ bloß nichts.“<br />
„Nein, ich sag’ nichts, ich werd’ dir doch keinen Ärger machen. Und helfen kann ich dir<br />
sowieso nich’. Ich kann ja nich’ mal mir selbst helfen. Komm, zieh’n wir uns an. Dir einen<br />
abkauen mach’ ich, wenn wir bei diesem Herrn Wegner sind und haben beide mal ’ne freie<br />
Minute. Jetzt gehen wir lieber zu den Männern zurück. Und ich sag, du hast mir fein einen<br />
abgewichst. Warst tüchtig.“<br />
„Ja, sag das. Dann is’ mein Onkel mit mir zufrieden.“<br />
„Ja, ja, das kriegen wir hin. Du, sag mal, so wie du aussiehst... Rachitis hattest du wirklich,<br />
was?“<br />
„Ja, bin ich mit gebor’n worden. Hab’ deshalb ein Jahr lang in einer Klinik gelegen, haben<br />
sie mir erzählt. Daran erinnern kann ich mich nich’. Und außerdem hatt’ ich’s noch auf<br />
der Lunge. Deshalb war ich auch noch mal lange in einer Klinik. Is’ aber alles ausgestanden.<br />
Seh’ eben nur etwas verhunzt aus.“<br />
„Was heißt ‚verhunzt‘? Is’ nur alles mächtig staksig an dir. Als hättest du zu wenig<br />
Fleisch auf’n Knochen.“<br />
„So hat Eberhard das auch mal gesagt. Das is’ einer aus meiner Klasse. Das is’ der, mit<br />
dem mich unser Turnlehrer erwischt hat, als wir dabei war’n, uns gegenseitig einen runterzuholen.“<br />
„Hast also in’er Schule n’ Wichsfreund?“<br />
„Ja, den Eberhard und dann hatte ich letztes Schuljahr noch einen aus der Fünften. Der<br />
war aber eigentlich schon in der Achten. Horst war so ein ewiger Sitzenbleiber. Deshalb is’ er<br />
dann jetzt auch aus der Fünften entlassen worden. Und nun kommt er weg aus der Stadt. Wird<br />
irgendwo Landarbeiter.“<br />
„Bist deshalb traurig?“<br />
„Nee, nich’ so richtig. Der hat beim letzten Mal versucht, mich zu ficken. Hat nur aufgehört,<br />
weil ich geflennt hab’. Das war noch vor meinem Onkel.“<br />
„Und bei dem hast’ wohl nich’ geweint?“<br />
„Doch. Aber da hat er mir eine runtergehau’n und dann erst recht weitergemacht.“<br />
„Hast ja ’n tollen Onkel.“<br />
„Mein Vater is’ noch schlimmer. Der fickt mich nich’, so was macht er nich’, aber Kloppe<br />
krieg’ ich bei jeder Kleinigkeit, seit meine Mutter nich’ mehr da is’. Die is’ vor zwei Jahren<br />
mit ’nem andern Mann nach’m Westen abgehau’n.“<br />
„Na dann komm mal, wollen wir mal geh’n.“<br />
„Aber bloß nichts von dem sagen, was ich dir erzählt hab’“<br />
„Nein, mach ich nich’. Kannst dich drauf verlassen.“<br />
„Du, küsst du mich noch mal?“<br />
„Na klar, komm her.“ Und das ging schon bedeutend besser, das Küssen; der Junge nicht<br />
mehr so ungelenk, schon anschmiegsamer, und plötzlich klammerte er sich, als wäre ich für<br />
ihn ein rettender Strohalm. – „Du, noch mal küssen. Noch nich’ zu den Männern geh’n.“<br />
„Ja, ja, aber drum herum kommen wir nich’.“<br />
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