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Henrike Möhler<br />

Schlacht“: „O Vaterland! O Vaterland!/Du gleichst der dicksten, schattigsten<br />

Eiche/Im innersten Hain,/der höchsten, ältesten, heiligsten Eiche“. In seinen<br />

Oden entdeckte der Dichter das germanische Altertum wieder und erklärt die<br />

Eiche zum Sinnbild der deutschen Nation. Auch in Hölderlins Gedicht „Die<br />

Eichbäume“ von 1796 verkörpern Eichen das ersehnte Gesellschaftsideal eines<br />

gleichberechtigten Bundes eigenwüchsiger großer Persönlichkeiten, wenn er<br />

schreibt „Lebt ihr [die Eichen], jeder ein Gott, in freiem Bunde zusammen“. Die<br />

Erinnerung an die Naturverbundenheit der Vorfahren ist auch mit Freiheitsliebe<br />

verbunden, die 1772 auch einige Göttinger Studenten packte. Angeregt von<br />

Klopstocks Gedichten bildeten sie den „Göttinger Hainbund“. Sie verstanden sich<br />

als „Hermanns-Enkel“ und wandten sich gegen die Obrigkeit und gegen die<br />

französische Sprache an deutschen Höfen. 10<br />

Aber auch die Dichter der napoleonischen Befreiungskriege wie Theodor<br />

Körner 11 wurden von Klopstock inspiriert. Die Wortführer der Befreiungskriege<br />

waren es auch, die statt des „welschen Lorbeers“ das deutsche Eichenlaub als<br />

Ehrenschmuck erwählten. Das germanische Eichenlaub war nicht nur eine<br />

Kampfansage an internationale Machthaber, sondern sollte auch die germanischen<br />

„[…] liberal verklärten Volksrechte wiederbeleben“. 12 Das Eichenlaubsymbol wurde<br />

später aber vom Obrigkeitsstaat ganz für sich vereinnahmt. Die Eiche wurde zum<br />

„deutschderben Charakterbaum“. 1813 schreibt Ludwig Uhland in seinem Gedicht<br />

„Freie Kunst“: „Nicht in kalten Marmorsteinen,/Nicht in Tempeln, dumpf und<br />

todt:/In den frischen Eichenhainen/Webt und rauscht der deutsche Gott“.<br />

Nachdem Frankreich 1813 zurückgeschlagen wurde, schlug Ernst Moritz<br />

Arndt vor, an der Grenze zu Frankreich einen Wald zu errichten, einen<br />

symbolischen deutschen Wald. Auch die Romantiker bedienten sich des Bildes<br />

vom „deutschen Wald“. Zum Beispiel Joseph von Eichendorff bei dem die Eiche<br />

und der Eichenwald eng mit dem Volk verwoben werden.<br />

Sowohl Aufklärer als auch Romantiker hatten somit die Vorstellung von der<br />

Eiche als Versinnbildlichung der deutschen Nation geprägt. Doch Bäume waren<br />

auch in anderen Ländern und in anderen Kontexten zu einem politischen Symbol<br />

geworden. So entstand 1765 in Amerika die Idee des Freiheitsbaums, als eine Ulme<br />

in einer Protestaktion gegen die Stempelsteuer mit zwei Strohpuppen behängt<br />

wurde. Als man im folgenden Jahr die Zurücknahme der Steuer unter dem Baum<br />

feierte, war der „tree of liberty“ geboren. 13 In Frankreich kam es schon 1792 zur<br />

10 Arens (2010), S. 319.<br />

11 Theodor Körner war ein Patriot, der als Lützower Jäger gegen die französische Besatzung kämpfte.<br />

Die einstige Einheit Deutschlands beweinend schrieb er 1812 in seinem Gedicht „Die Eichen“<br />

Folgendes: „Schönes Bild von alter deutscher Treue,/Wie sie bessre Zeiten angeschaut,/Wo in<br />

freudig kühner Todesweihe/ Bürger ihre Staaten festgebaut./Ach was hilft's, daß ich den Schmerz<br />

erneue?/ Sind doch alle diesem Schmerz vertraut!/Deutsches Volk, du herrlichstes von allen,/Deine<br />

Eichen stehn, du bist gefallen!“<br />

12 Gräter (1996), S. 28.<br />

13 Selbmann (1984), S. 100.

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