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Das Pestkreuz von Sankt Lorenz in Lübeck 81<br />

Erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts verringerten sich die Pestepidemien<br />

und v. a. die Verluste an Menschenleben. Während sie in kleineren und<br />

mittleren Städten wie Göttingen, Augsburg, Hannover und Uelzen gar nicht mehr<br />

auftraten, 36 waren Großstädte, und hier v. a. Handelsmetropolen, nach wie vor<br />

betroffen. 1653 starben 11.000 Menschen in Danzig, 1665 ca. 70.000 in London<br />

und noch in den Jahren 1678/79 schätzungsweise 12.000 in Wien. Die letzte große<br />

Pestwelle Westeuropas breitete sich in Südfrankreich aus, nachdem ein Handelsschiff<br />

die Seuche nach Marseille gebracht hatte und in kürzester Zeit in über einhundert<br />

Orten der Region mehr als 120.000 Pestopfer zu beklagen waren. Im Osten<br />

Europas ereignete sich die letzte große Pestepidemie im Jahre 1771 in Moskau,<br />

der etwa 25 % der Bevölkerung (50.000 Menschen) zum Opfer fielen. In Süd- und<br />

Westeuropa klangen die Pestepidemien spätestens im frühen 19. Jahrhundert aus,<br />

zum einen durch die auf besserer Hygiene fußende Abnahme des Flohbefalls der<br />

europäischen Bevölkerung, zum anderen durch die zunehmende Vertreibung der<br />

Haus- durch die Wanderratte. 37 Außerhalb Europas stellte die Pest weiterhin eine<br />

große Gefahr dar: In China und Indien forderte sie im 19. Jahrhundert mehrere<br />

Millionen Todesopfer, 38 1964 gab es eine größere Pestepidemie in Vietnam. Noch<br />

in den 1970er Jahren registrierte man weltweit tausende Pestfälle, von denen allerdings<br />

nur die wenigsten tödlich endeten, und selbst bis in die heutige Zeit tritt die<br />

Pest immer wieder in verschiedenen Entwicklungsländern auf. 39<br />

3 Pest und Medizin<br />

Das Rätsel um die tödliche Seuche, die die Bevölkerung Europas und anderer Erdteile<br />

über Jahrhunderte in ihrem ‚Würgegriff‘ hatte, konnte erst im Zeitalter der<br />

Bakteriologie zum Ausgang des 19. Jahrhunderts gelöst werden – zu einer Zeit<br />

also, in der die Pest schon seit mehr als 100 Jahren nicht mehr in großen Epidemien<br />

innerhalb Europas aufgetreten war. Demzufolge war der Schauplatz ihrer<br />

Ergründung auch nicht der alte Kontinent, sondern Ostasien, wo im letzten Jahrzehnt<br />

des 19. Jahrhunderts eine schwere Pest-Pandemie zu wüten begann. Dorthin<br />

reisten europäische Wissenschaftler, v. a. Schüler Robert Kochs (1843-1910) und<br />

Louis Pasteurs (1822-1895), um die Krankheit auf Grundlage neuester bakteriologischer<br />

Forschungsmethoden zu ergründen. Als Meilensteine der medizinischbakteriologischen<br />

Pestforschung gelten erstens die Entdeckung des Pesterregers<br />

durch den schweizerischen Arzt und Bakteriologen Alexandre Émile Jean Yersin<br />

(1863-1943) in Hongkong und zweitens die durch den französischen Biologen<br />

Paul-Louis Simond (1858-1947) in Indien gewonnene Erkenntnis, dass sich die<br />

36 Woehlkens (1954), S. 145.<br />

37 Keil (1986), S. 118.<br />

38 Bergdolt (2006), S. 7.<br />

39 Becht (1982), S. 81 f.

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