Schauplaetze_SH.pdf
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200 Ansgar Schanbacher<br />
Brauereien und Margarinefabriken vergrößerten u. a. die Menge der Abwässer, die<br />
noch direkt in den Fluss gelangten. In der Öffentlichkeit wurden die Folgen der<br />
Industrialisierung aber bereits diskutiert und ein Problembewusstsein entstand.<br />
1893 genehmigte das Regierungspräsidium in Schleswig den Bau einer kommunalen<br />
Sielleitung. Die Stadt wurde in drei Entwässerungsgebiete eingeteilt, die jeweils<br />
einen Siel in die Krückau führten. 41 So wurde das Abwasser in einem über 14 km<br />
langen Kanalsystem gesammelt und verschwand zumindest von der Straße. Der<br />
Fluss blieb dennoch die nächsten Jahrzehnte hinweg stark belastet. Ab 1928 existierte<br />
dann eine biologische Versuchskläranlage, die allerdings auch nach dem Ausbau<br />
1933 nur ein Viertel aller Abwässer reinigen konnte. Dabei waren weiterhin die<br />
Schmutzwässer der Gerbereien das Hauptproblem, die immer noch über eigene<br />
Kanäle in den Fluss eingeleitet wurden. 42 Der Alternativplan, die Abwässer nach<br />
dem St.-Florians-Prinzip über eine Druckrohrleitung direkt in die Elbe zu pumpen,<br />
wurde noch Ende der 1920er Jahre abgelehnt. 43 Letztendlich löste erst die Schließung<br />
oder Verlegung der meisten umweltschädigenden Industriebetriebe nach dem<br />
Zweiten Weltkrieg das Elmshorner Verschmutzungsproblem.<br />
Gerade durch die Einleitung von Abwässern aller Art litt auch das Trinkwasser<br />
der Elmshorner, die ihr Wasser bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts aus der<br />
Krückau oder aus eigenen Brunnen bezogen. 44 Krankheiten wie Typhus, Cholera<br />
und Ruhr kamen deshalb in der Stadt häufig vor. 1897 prüfte der Mannheimer<br />
Ingenieur Smreker im Auftrag der Stadt die Wasserqualität der Elmshorner Brunnen.<br />
Das Ergebnis führte zu dringendem Handlungsbedarf der Behörden: Nur ein<br />
Brunnen von 142 lieferte sehr gutes, weitere 12 brauchbares Wasser. Die übrigen<br />
bedurften einer Reinigung, mussten außer Betrieb gesetzt oder ganz geschlossen<br />
werden. 45 Daraufhin errichtete die Stadt eine zentrale Wasserversorgung. Trinkwasser<br />
sollte im Liether Dünengelände südlich der Stadt gewonnen werden. 1902<br />
wurde hier das erste Elmshorner Wasserwerk fertiggestellt.<br />
5 Resümee<br />
Elmshorn steht an dieser Stelle nur beispielhaft für eine größere Anzahl von kleinen<br />
und mittleren Städten, die die zweite Welle der Industrialisierung nach der Reichseinigung<br />
erreicht hat. Ähnlich wie in anderen Städte hatte die industrielle Entwicklung<br />
ihren Preis. Luft, Wasser und Boden wurden über Jahrzehnte hinweg verschmutzt. Es<br />
41 Köhncke (1970), S. 201.<br />
42 Böhnke (1997), S. 49.<br />
43 Vgl. Köhncke (1970), S. 211; P. Münch (1993), S. 33.<br />
44 Hier und im Folgenden: Köhncke (1970), S. 204 und Danker-Carstensen (2006), S. 137-139.<br />
45 Ähnlich sah es in den meisten deutschen Städten dieser Zeit aus. 1877 schrieb der Sanitätsrat und<br />
Stadtverordnete Eduard Lent über die Kölner Trinkwasserverhältnisse: „Aus dem seit langer Zeit<br />
verunreinigten Boden unserer Stadt scheuen wir uns, Trinkwasser zu entnehmen, weil die chemische<br />
Untersuchung unserer Brunnenwässer Resultate ergeben hat, auf Grund deren eine große Anzahl<br />
öffentlicher und Privatbrunnen von der Gesundheits-Behörde geschlossen werden mussten“. Zitiert<br />
nach: Büschenfeld (2006), S. 95.