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Das Pestkreuz von Sankt Lorenz in Lübeck 85<br />

Pestopfer an. In unmittelbarer Nähe wurden 1598/99 außerdem ein Pesthof und<br />

1603 noch ein kleines Pesthaus als Asyle für die Pestkranken errichtet. 52 An<br />

Pesthof, -haus und -friedhof erinnert bis heute ein 2,9 m hohes und 1,76 m breites<br />

Kreuz aus Kalkstein, das folgende Inschrift trägt:<br />

ANŌ 1597 AVFF DEN<br />

TAGK LAURENTZIVS<br />

HEBBEN DISSE NACH<br />

FOLGENDE VORSTENDER<br />

UTH HETE DES ERBAREN<br />

RADES DIESEN KARK HOFF ANGEFANGĒ GOTT ZU EHREN<br />

VND DEN ARMEN THOM BESTE. A o 1598 HEBBĒ DE<br />

VORSTENDER<br />

DAT HYS BY DEN GARDEN BOWEN LATEN – HINRICH MEIER<br />

IACOP GRANEKOW HANS GLANDORP HINRICH BILDERBECK. 53<br />

Das schmucklose Kreuz 54 und seine Inschrift, aus der wir nur von einem Armenkirchhof<br />

und einem „Haus“ erfahren, geben noch keinen Hinweis auf deren Errichtung<br />

in Zusammenhang mit einer Pestepidemie. Dieser erschließt sich jedoch<br />

durch eine Nachricht des damaligen Dompastors Joachim Dobbin (gest. 1614):<br />

„In dißem 97. jar erhoff sick einne geswinde und gefarlike pestilentzie, gewan<br />

eren anfanck bald na johannis gebordt dag [24. Juni] und warede ser lange,<br />

storven aver 7000 uth allen stenden vast, vel godtselige fruwen unde menner.“ 55<br />

Diese hohe Todeszahl scheint nicht übertrieben zu sein. Sie entsprach etwa einem<br />

Drittel der damaligen Stadtbevölkerung, eine Sterberate, die bei jener Pestwelle<br />

auch in anderen norddeutschen Städten zu verzeichnen war, so in Hildesheim 56<br />

oder in Uelzen, wo von 1.540 Einwohnern etwa 510 der Pest erlagen. 57 Bei dieser<br />

52 Bau- und Kunstdenkmäler (1928), S. 421.<br />

53 Bei den vier genannten Vorstehern Meier, Granekow, Glandorp und Bilderbeck handelte es sich<br />

nicht um Lübecker Ratsmitglieder, sondern wohl um Bürger der noch kleinen Vorstadt St. Lorenz<br />

(vgl. hierzu die Lübeckische Ratsliste: Fehling (1925), S. 12. Bei Hans Glandorp könnte es sich um<br />

den aus Münster stammenden Johann Glandorp gehandelt haben, der von 1610 bis 1612 als Ratsherr<br />

amtierte und bei seinem Tode 1612 „eine Wohnstätte für 14 arme Frauen in der Glockengießerstraße<br />

49“ stiftete [ebd., S. 116]). Diese Zusammensetzung des Verwaltungsgremiums wurde offensichtlich<br />

auch später beibehalten. Denn die Lübecker Kirchspiele wurden normalerweise von einer<br />

vierköpfigen Vorsteherschaft verwaltet, die sich meist aus je zwei Ratsmitgliedern und zwei im<br />

Kirchspiel ansässigen Bürgern zusammensetzte, im Falle des 1669 neu gegründeten Lorenzkirchspiels<br />

jedoch ausschließlich aus bürgerlichen Vorstehern bestand (Hauschild (1981), S. 316).<br />

54 Zuweilen sind Pestkreuze mit markanten Zeichen, etwa Knoten, die die Pestbeulen symbolisieren<br />

sollen, verziert (Schmeissner (1977), S. 114 f.). Nur die Rückseite des Lübecker Kreuzes soll<br />

ursprünglich mit einem Christus-Bild verziert gewesen sein (Bau- und Kunstdenkmäler (1928), S. 422,<br />

Anm. 1).<br />

55 Aus dem Pastorenbuch am Dom, zit. nach Bau- und Kunstdenkmäler (1928), S. 421, Anm. 1.<br />

56 Bulst (1985), S. 258.<br />

57 Woehlkens (1954), S. 78.

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