Schauplaetze_SH.pdf
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Das Pestkreuz von Sankt Lorenz in Lübeck –<br />
Erinnerungsort an die Pest in der Hansestadt<br />
Andreas Kieseler<br />
1 Einleitung<br />
Kaum ein Umweltfaktor hat sich in der Geschichte Europas so stark auf die Bevölkerungsentwicklung<br />
und somit auch auf die wichtigsten Lebensbereiche des<br />
Menschen – Wirtschaft und Politik, Gesellschaft und Kultur – ausgewirkt wie das<br />
Bakterium Yersinia Pestis. Im Vergleich zu anderen Seuchen, die über das mittelalterliche<br />
Abendland hereinbrachen, etwa der ‚Aussatz‘ (lat. lepra), der seit dem Ausgang<br />
der Antike in Europa (Gallien, Britische Inseln) erschien, oder die ‚Blattern‘<br />
(lat. variola) und der ‚Englische Schweiß‘ (lat. sudor anglicus), die zum Ende des<br />
15. Jahrhunderts großen Schrecken in Westeuropa verbreiteten, wirkte sich die<br />
Pest ungleich verheerender auf die Bevölkerungszahlen des mittelalterlichfrühneuzeitlichen<br />
Europa aus. 1 In der Zeit zwischen 500 und 1500 lassen sich an<br />
der fast ausnahmslos steigenden Kurve der Bevölkerungsentwicklung nur zwei<br />
extreme Kurventäler ausmachen – mit Bevölkerungsverlusten von jeweils bis zu<br />
40 %: Zunächst der Einbruch infolge der ‚Justinianischen Pest‘ in der Mitte des<br />
6. Jahrhunderts, dann erst wieder in der Mitte des 14. Jahrhunderts, nachdem die<br />
durch klimatisch bedingte Missernten und Hungerkrisen bereits stagnierende Bevölkerungszahl<br />
durch das Auftreten des ‚Schwarzen Todes‘ erneut stark dezimiert<br />
wurde. Von etwa 75 Millionen Europäern erlag der Seuche etwa ein Drittel, wobei<br />
der Bevölkerungstiefstand infolge weiterer Pestwellen um ca. 1400 erreicht wurde. 2<br />
Erst der Dreißigjährige Krieg führte im 17. Jahrhundert zu ähnlich starken Verlus-<br />
1 Keil (1986), S. 109 ff.<br />
2 Bergdolt (2011), S. 192.